Kritik

Muskellesen? Von wegen!

Marko Kovic, der Präsident der Skeptiker Schweiz, hat sich als Versuchskaninchen für ein Experiment des „Tagesanzeigers“ zur Verfügung gestellt. In dem Videobeitrag gibt der „Mentalmagier“ Pat Perry vor, ein von Kovic gezeichnetes Symbol zu erraten. Perry betont, dass er keine Gedanken lesen könne, sondern lediglich unbewusste Muskelbewegungen des Skeptikers wahrnehme. Dazu müsse die Versuchsperson nur den Unterarm des Magiers halten und dabei an das Symbol denken. Auf Kovic macht das einen seriösen Eindruck – für ihn ist damit gezeigt, dass angebliche Gedankenleser keine übernatürlichen Fähigkeiten besitzen, sondern einfach eine gute Wahrnehmung haben.

„Perry könne nicht Gedanken lesen, aber die Signale und Impulse, welche sein Gegenüber unbewusst aussendet, sei es mit Mimik, Gebärden oder beim Muskellesen mit unbewussten Druck- und Zugbewegungen. Perry nehme diese Signale wahr und verarbeite sie zu einem Modell, ist Kovic überzeugt. Der Mentalmagier habe offenbar sehr gute Menschenkenntnisse, er habe eine ausserordentliche situative Wahrnehmung und grosse Ahnung von Psychologie.“

Auch die GWUP übernimmt die Erklärung des Magiers widerspruchslos und berichtet unter dem Titel „Skeptiker testet Gedankenleser“ von einem „verblüffenden Ergebnis“:

„Bei dem hier vorgeführten Trick reagiert der Zauberkünstler offenbar auf leichte Muskelimpulse von Kovic, in der Psychologie als Carpenter-Effekt bekannt. Was er als Mentalmagier mache, so Perry, sei nichts Übernatürliches, sondern ein Mix aus vielen Techniken wie aus (Bühnen-)Zauberkunst, Psychologie und Menschkenntnis.“

Hat man sich hier vorschnell mit der Erklärung des Mentalmagiers begnügt und ihm Fähigkeiten angedichtet, die er für diesen Trick gar nicht braucht? Wie eine Videoanalyse zeigt, wurden hier keine Gedankenleser entlarvt, sondern die Skeptiker vorgeführt. Vorneweg: Hut ab vor Marko Kovic, der die Fahne des kritischen Denkens hochhält und sich auf Perry einließ. In der Situation selbst hätte wohl kaum jemand den Trick durchschaut, erst die Videoaufzeichnung bietet eine gute Möglichkeit, dem Zauberkünstler in die Karten zu schauen.

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Lügen, dass sich die Lattenroste biegen

Jeder von uns kennt das Prinzip der „Kaffeefahrten“: Rentner nehmen an einer Verkaufsveranstaltung teil und werden dafür zu Kaffee & Kuchen oder auf ein Mittagessen eingeladen. Die Teilnehmer werden zusätzlich mit Gewinnversprechen oder Geschenken geködert. Meist werden Produkte aus dem Gesundheitsbereich angeboten, die als Weltneuheit präsentiert und mit allerlei psychologischen Tricks überteuert verkauft werden. Verkaufspartys der Firma RudH scheinen ganz ähnlich zu funktionieren – hier mein Erfahrungsbericht.

Die Firma RudH ist ein österreichisches Direktvertriebsunternehmen, das Produkte „rund um den Haushalt“ verkauft. RudH betreibt zwar einen Online-Shop, wo es tatsächlich Haushaltsgeräte zu kaufen gibt, bei den Verkaufspartys liegt der Fokus hingegen auf teuren Gesundheitsprodukten, bei denen die Geldbörse der älteren Teilnehmer viel lockerer sitzt und die Gewinnspanne wohl höher ist.

Kritik vom Konsumentenschutz

Mit Gesundheitsprodukten der Firma RudH hat sich bereits der Konsumentenschutz der Arbeiterkammer beschäftigt, nämlich mit einem dubiosen Magnetfeldstimulationsgerät namens „ePAD“. Die Magnetfeldtherapie ist ein medizinisch wirkungsloses Verfahren, doch das hielt die Berater der Firma RudH nicht davon ab, ihr Produkt mit medizinischen Aussagen über die krankheitslindernde Wirkung zu bewerben. So wurde versprochen, das e-PAD „senke den Blutdrucksenkung, beseitige Durchblutungsstörungen, lasse Wunden und akute Verletzungen schneller heilen, wirke entzündungshemmend“ und so weiter. Mit wissenschaftlich klingenden Begriffen wurden die Kunden in die Irre geführt und ihnen ein wirkungsloses Gerät um 1.270 Euro verkauft. Dass an den medizinischen Wirkungen nichts dran ist, musste auch die Firma RudH zugeben: Sie ruderte zurück und spricht nun von einem „Wellnessprodukt“. Verkauft wird das Gerät aber weiterhin. Einer betrogenen Kundin wurde ein Reisegutschein im Wert von 100 € angeboten. Die Konsumentenberatung rät Kunden, die das Gerät wegen seiner angeblichen krankheitslindernden Wirkung gekauft haben, den vollen Kaufpreis zurückzuverlangen:

„Wenn die Firma RudH auf einmal sagt: Die Wirkung gibt’s gar nicht, kann man den Kaufvertrag anfechten, weil man mit dem Argument der Krankheitslinderung in den Irrtum geführt worden ist.“

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft

Bei den RudH-Verkaufspartys gibt es einen Gastgeber, der Teilnehmer aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis zusammentrommelt, und dafür ein Geschenk erhält, etwa ein Pfannenset. Zusätzlich darf er sich etwas aus einem Katalog bestellen. Die Teilnehmer tragen sich mit ihren persönlichen Daten in einer Liste ein, womit sie gleichzeitig die Zustimmung erteilen, zu Werbezecken kontaktiert zu werden. Jeder Teilnehmer wurde auf ein Essen eingeladen (die Getränke waren selbst zu bezahlen) und erhielt einen 100 € Reisegutschein sowie ein kleines Geschenk. Auch hier schaltete sich vor kurzem der Konsumentenschutz ein: Laut dem Konsumentenmagazin „heute konkret“ könne man diese Reisegutscheine nur auf einer eigenen Seite im Internet einlösen, wo man sich dann erst recht nichts ersparen würde. Auch die versprochenen Geschenke ließen lange auf sich warten, angeblich wegen Lieferschwierigkeiten.

Das Geschäft mit der Angst

Auf der Party wurde ein einziges Produkt vorgestellt: ein Matratzensystem. Die inhaltliche Ausrichtung des Vortrags war schnell klar. Bereits nach 10 Minuten sprach der Berater von allerlei chronischen Erkrankungen, die wir mit der falschen Matratze bekommen würden. Laut einem Werbeprospekt der Firma RudH gibt es fast keine Krankheit, die sich nicht auf eine falsche Matratze zurückführen lässt:

Tinnitus, Migräne, Schwindel, Nebenhöhlen, Augenleiden, Neuralgien, Akne oder Pickel, Gehörverlust, Polypen, Heuschnupfen, Halsschmerzen, Heiserkeit, Steifes Genick, Schulterschmerzen, Mandelentzündung, Erkältungen, Schilddrüsenerkrankungen, Schmerzen in Unterarmen und Händen, Atembeschwerden, Asthma, Funktionellen Herzbeschwerden, Lungenentzündung, Bronchitis, Grippe, Gallenleiden, Gelbsucht, Leberleiden, Fieber, Anämie, Kreislaufschwäche, Magenbeschwerden, Verdauungsstörungen, Geschwüre, Gastritis, Abwehrschwäche, Allergien, Nesselausschläge, Koliken, chronische Müdigkeit, Nieren- und Blasenleiden, Rheumatismus, Blähungen, Verstopfung, Kolitis, Durchfall, Krämpfe, Übersäuerung, Krampfadern, Menstruationsbeschwerden, Impotenz, Fehlgeburten, Blasenleiden, Kniebeschwerden, Schmerzhaftes oder zu häufiges Harnlassen, Ischias, Hexenschuss, Rückenbeschwerden, Geschwollene Knöchel, schwache Beine, Wadenkrämpfe, kalte Füße, Becken- und Hüftgelenkschmerzen, Wirbelsäulenverkrümmungen, Hämorrhoiden, Afterjucken.

Hausstaubmilben werden immer gerne als Verkaufsargument für Matratzen genutzt. Tatsächlich gibt es Menschen, die auf bestimmte Eiweißstoffe in den Ausscheidungen dieser Tiere allergisch reagieren. Anders als der Vortragende uns weismachen wollte, beißen sie uns jedoch nicht und kacken in die offene Wunde, sondern ernähren sich von abgestorbenen Hautzellen, die wir im Bett verlieren. Beim Thema Hausstauballergie wurde auch nicht erwähnt, dass 90% der Bevölkerung gar nicht von der Allergie betroffen sind und Hausstaubmilben für diese Personen harmlos sind. (Anstatt teure Matratzen zu kaufen, können sich die 10% Allergiker auch einfacher mit allergendichten Überzügen, sogenannten Encasings, Abhilfe schaffen.)

Auch mit Hilfe von pseudowissenschaftlichen Aussagen, die auf weitverbreiteten Aberglauben anspielen, wurde Angst vor Krankheiten geschürt. So wurde etwa behauptet, die Matratze schütze aufgrund von eingearbeiteten Carbonfasern vor Elektrosmog, Handystrahlen und Wasseradern – alles Konzepte ohne ernsthaften wissenschaftlichen Hintergrund. Mit dem esoterischen Begriff der Lebensenergie wurde ebenfalls gearbeitet. In Bezug auf Feder- und Daunenkissen wurde behauptet, dass diese aufgrund der elektrostatischen Aufladung Krankheiten und Schmerzen „anziehen“ würden. Auch das lässt sich natürlich unter Aberglauben einordnen:

Manchmal wird dazu geraten, nicht auf Feder- oder Daunenkissen zu schlafen, da diese den Zahnschmerz „ziehen“ sollen, was dem Aberglauben zuzuordnen ist. Die Verstärkung des Zahnschmerzes (Nachtschmerz) ist auf die liegende Position und damit veränderte Blutdrucksituation im Kopfbereich zurückzuführen, womit auch der schmerzauslösende Druck im Pulpencavum des Zahnes erhöht wird

Eine Wunderfaser namens Celliant

Eine große Rolle spielte die Wunderfaser Celliant, die als Produktneuheit beworben wurde. Textilien aus dieser speziellen Faser werden gesundheitsfördernde Wirkungen wie verbesserte Sauerstoffwerte, eine Steigerung des Wohlbefindens und verbesserte sportliche Leistungen nachgesagt. Es gebe kaum einen Spitzensportler, der nicht Celliant-Kleidung tragen würde. Dabei wird behauptet, optisch aktive Partikel aus Mineralien würden mit der Körperwärme interagieren und dem Körper im Schlaf Energie zurückgeben. Dass derartige Versprechen Humbug sind, habe ich bereits in einem eigenen Artikel gezeigt, der sich mit der vermeintlichen Innovation beschäftigt: Mit Gesundheitstextilien blöd aus der Wäsche schauen. Banalitäten werden hier mit wissenschaftlich klingenden Begriffen ausgeschmückt und natürlich ablaufende Prozesse mit dem Produkt in Verbindung gebracht. Es wurde behauptet, eine „Studie“ hätte die Wirkung von Celliant „bewiesen“. Dabei wurde in einem beeindruckenden Vorher-Nachher-Vergleich gezeigt, dass einem Menschen unter einer Celliant-Decke wärmer ist als in einem Eiswürfel-Bad. Wer hätte das gedacht: Eine Bettdecke erhält die Körperwärme!

Wissenschaftlich bewiesen?

Der Verkäufer betonte, er würde nichts verkaufen, für das es keinen wissenschaftlichen Nachweis gebe. Es wurde immer wieder erklärt, dass alles wissenschaftlich bewiesen sei, und auf neueste „wissenschaftliche“ Erkenntnisse verwiesen – meist von einem „Institut“, das auch Wünschelrutengeher ausbildet. Die Bezeichnung Institut soll hier den Anschein wissenschaftlicher Seriösität vermitteln, doch als Institut darf sich jeder bezeichnen, auch ohne Bezug zur Wissenschaft, wie es beim genannten Institut der Fall ist. Meinungen von Einzelpersonen und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate wurden so dargestellt, dass sie die Aussagen der Verkäufers untermauern.

Es wurden auch angebliche wissenschaftliche Erkenntnisse über die Konkurrenz (die ihrerseits mit ähnlichen Gesundheitsversprechen arbeitet) präsentiert: deren Produkte seien gesundheitsschädlich! Matratzenüberzüge mit eingearbeiteten Silberfäden würden nützliche Hautbakterien töten, weiters würde Silberabrieb über die Atemluft in den Körper gelangen und dort die guten Darmbakterien schädigen. Ein deutsches Verbraucherportal klärt auf:

Es gebe derzeit „keine Hinweise darauf, dass Silberteilchen aus dem Matratzenbezug durch Abrieb direkt auf die Haut oder in die Atemluft gelangen würden. Nach dem bisherigen Kenntnisstand ist eine Silber-Ausrüstung wie in der fraglichen Matratze nicht gesundheitlich bedenklich.“

Da jedoch auch kein Nutzen zu erwarten ist, wird wegen der Gefahr einer Resistenzbildung von Mikroorganismen vom massenhaften Einsatz von Silber in Verbraucherprodukten abgeraten. Resistente Keime könnten dann im medizinischen Bereich nicht mehr effektiv mit Silber abgetötet werden.

Psychologische Tricks

Bei der Preisgestaltung wurde stark mit psychologischen Tricks gearbeitet: Zuerst wurde ein hoher Preis (über 3.000 Euro) als Anker genannt, dann hieß es, es gebe nur mehr für kurze Zeit eine Aktion, wo der Lattenrost gratis ist. Auch Vergleiche mit teuren Produkten anderer Anbieter sollten das eigene Produkt billiger erscheinen lassen. Zudem wurde behauptet, nur die Firma RudH könne eine solche Qualität zu diesem Preis bieten, weil man keine Werbung schalte, sondern auf Mundpropaganda setze. (Der Ausdruck Propaganda ist hier wörtlich zu nehmen!) Bei der privaten Besprechung mit den Kundenpaaren gabs dann nochmal einen persönlichen Rabatt, wo sich das eine oder andere Paar schon überreden lässt, mehrere Tausend Euro für 2 Matratzen mit Decke und Polster auszugeben. (Dass sich die zuvor genannten Preise bei Paaren verdoppeln, daran habe ich auch nicht gleich gedacht.) Auch spielerische Elemente wurden eingebaut: Wer gleich gekauft hat, konnte bei einem Spiel Einkaufsgutscheine gewinnen.

Zahlungsbereitschaft bei Matratzen

Den Teilnehmern dieser Werbeveranstaltung war durchaus bewusst, dass der Berater sehr viel gelogen hat. Aber offenbar haben sie sich gedacht: Wenn nur ein Bruchteil von den gemachten Versprechen stimmt, ist das Produkt sein Geld schon wert. Im Nachhinein haben viele Gäste das Angebot nicht als überteuert empfunden, weil ihre bisherigen Matratzenkäufe auch nicht viel billiger waren. Laut Stiftung Warentest liegt das einfach daran, dass die Leute bereit sind, so viel Geld für eine Matratze auszugeben. Dadurch sind die Margen hoch und die Händler verdienen gut. Die Preise in dieser Branche seien häufig willkürlich und haben nichts mit der Qualität der Matratze zu tun. Die beste jemals getestete Matratze kostete 199 Euro. Kunden werden falsche, aber verkaufsfördernde Argumente aufgetischt.

Lassen Sie sich nicht über den Tisch ziehen. Die Matratzenbranche erzählt Werbemärchen, dass sich die Lattenroste biegen. Sie will möglichst teure Schlafstätten verkaufen.

Nicht jede Matratze ist für jeden gleich gut geeignet. Man muss für sich je nach Körperform und Schläfer­typ ausprobieren, ob eine Matratze geeignet ist. Gesundheitsversprechen sollten kritisch hinterfragt werden. Der Einfluss des Lattenrosts wird bei weitem überschätzt, seine wichtigste Funktion ist die Belüftung der Matratze.

Was steckt hinter Move InForm?

Motivierte Fitnesscoaches werben derzeit für den „Move InForm“-Club und die 90-Tage-Body-Challenge. Auf Facebook geben sie Ernährungsempfehlungen und Tipps zum Abnehmen, mit denen man seinem Traumkörper näher kommen soll. Angeboten werden ein kostenloses, persönliches Coaching sowie zugehörige Trainingspläne und Rezeptvorschläge. Was hat es damit auf sich?

Hinter Move InForm steckt das Multi-Level-Marketing-Unternehmen NSA, das unter der Marke „Juice PLUS+“ umstrittene Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminpräparate vertreibt. Bei dieser Vertriebsform versuchen selbstständige Verkäufer im Freundes- und Bekanntenkreis neue Kunden zu gewinnen, die wiederum selbst als Verkäufer tätig werden sollen. Versprochen werden nicht nur gesundheitliche Wirkungen der Kapseln, sondern auch lukrative Verdienstmöglichkeiten für die Verkäufer.

Neben materiellen Anreizen hat die „Verkaufsfamilie“ noch mehr zu bieten: Anerkennung. Bei jährlichen Treffen der Verkäuferinnen und Verkäufer wird gelobt, gewürdigt und geklatscht, was das Zeug hält. Firmeneigene Motivationsvideos zeigen begeisterte fröhliche Menschen. Worte wie „Glück“ und „Unabhängigkeit“ fallen häufig. Juice PLUS+® ist nicht mehr nur ein trockenes Gemüsepulver, sondern wird als Lebensgefühl vermarktet.

Abgesehen davon, dass die Produkte meist unnötig und überteuert sind, stellt sich der Erfolg nur bei wenigen Mitarbeitern an der Spitze der Verkaufspyramide ein. Oft sind die eigenen Verkäufer die besten Kunden, die für Produktpakete, Lizenzgebühren und Werbematerialien bezahlen.

Mit Move InForm und der 90-Tage-Body-Challenge möchte man nun anscheinend eine neue, junge Zielgruppe erschließen. Dabei werden gezielt Jugendliche angesprochen und angebliche Verdienstmöglichkeiten in Aussicht gestellt. Die Rekrutierer prahlen gerne mit einem luxuriösen Lebensstil, sie zeigen sich etwa mit protzigen Autos und auf Reisen.

Mein 17-jähriger Sohn wurde am Wochenende von einem Rekrutierer angeschrieben, ob er als Fitness Coach ‚Move Inform‘ für ihn tätig werden möchte. (…) Mein Sohn wurde bereits einer Gehirnwäsche unterzogen. Er glaubt die leeren Versprechungen in kurzer Zeit reich zu werden, ohne viel dafür tun zu müssen.

Mit Bildern von gesunden Nahrungsmitteln und sportlichen Körpern will man ein erstes Interesse für Fitness und Gesundheit wecken. Egal ob man 5 Kilo abnehmen, Muskelmasse aufbauen oder sich einfach vitaler fühlen möchte, für jede Zielgruppe ist etwas passendes dabei. Interessenten sollen dann aber nicht nur 90 Tage lang die Vitamine, Shakes und Riegel kaufen, sondern auch neue Teilnehmer für das Konzept begeistern. Dazu nennen sie sich selbst einfach Fitnesscoach, denn dieser Begriff ist nicht geschützt, wirkt aber professionell. (Manche machen zusätzlich einen kostenpflichtigen Online-Kurs und dürfen sich als Fitnesstrainer bezeichnen.) Die Texte, mit denen man einst angelockt wurde, soll man nun selbst auf Social-Media-Plattformen teilen. Das unehrliche Fitness-Konzept auf den Punkt gebracht:

Mangelhafte Konzepte werden von unqualifizierten Personen an motivierte aber unwissende Menschen heran getragen – Nicht um zu helfen, sondern um damit Geld zu verdienen

Aquapol treibt seine Kunden in den Ruin

Das Aquapol-System ist ein Scharlatanerieprodukt zur esoterischen Mauertrockenlegung, das mit einer gravomagnetischen Energie arbeiten soll. Aquapol verkauft wirkungslose Geräte um mehrere Tausend Euro, wobei die Verkäufer zusätzliche Begleitmaßnahmen vorschreiben, die dann tatsächlich eine Besserung bringen können. Gegründet wurde die Firma Aquapol vom Scientologen Wilhelm Mohorn.

Aus älteren Schulungsunterlagen für angehende Aquapolvertreter geht hervor, dass Scientology-Methoden auch in Verkaufsgesprächen mit Kunden zur Anwendung kommen. Das Ziel des erfolgreichen Verkäufers soll es sein, den wunden Punkt des Kunden zu treffen – was wäre sein persönlicher Ruin?

In der Verkaufsrichtlinie Eine erfolgreiche Methode um ein Aquapolsystem zu verkaufen gibt Wilhelm Mohorn 10 Schritte vor, die hohe Abschlussquoten bringen sollen. Immer wieder fällt der Begriff des Ruins:

Objektbeschauung mit dem Kunden und Ausschau nach seinem Ruin! Auswertung der Analyse mit Beachtung des Ruins. Anwendung der Bewusstseinsskala, so dass der Kunde etwas tun will, um seinen Ruin zu lösen.

Danach erst sollen die Aquapolprodukte als Lösung präsentiert werden. Die Basis für ein gutes Verkaufsgespräch wird bereits im ersten Schritt gelegt, in dem den Kunden mit persönlichen Komplimenten geschmeichelt wird. Eine Feuchtemessung wird als wertvolles und kostenloses, aber unverbindliches Service der Firma Aquapol dargestellt. Eine Tiefenmessung soll zutage bringen, was man an der Oberfläche nicht erkennen kann. Der Verkäufer lässt sich durchs Haus führen, zeigt Mitgefühl und soll den wunden Punkt der Famlie finden. Was macht den Kunden am meisten Sorgen? Danach soll gezielt geforscht werden, bis beim Kunden eine gewisse Traurigkeit feststellbar ist.

Was ist der wunde Punkt? Was ist der Ruin der Familie? Was will sie gelöst haben? Was beschäftigt den Kunden oder die Kundin am meisten? FINDEN SIE SEINEN ODER IHREN WUNDEN PUNKT HERAUS !!!!! Im Wesentlichen bedeutet ein Ruin ein Verlust bzw. ein drohender Verlust von geistiger bzw. materieller Natur!

Bei der anschließenden Mauerfeuchteanalyse und Störfeldmessung soll der Kunde das Gefühl bekommen, dass sich der Verkäufer wirklich für sein Objekt interessiert. Er soll selbst mithelfen und wird dadurch für Informationen zugänglicher.

Verwickeln Sie den Kunden wo es nur geht. Er wird ein Teil des Problems und nicht nur inaktiver Zuseher, den das Ganze nichts oder eigentlich wenig angeht.

Bei der Störfeldmessung werden dem Kunden als verkaufsfördernde Maßnahme mittels Geomagnetometer oder Wünschelruten unterirdische Wasseradern gezeigt und diese mit durch Erdstrahlen begünstigte Krankheiten in Zusammenhang gebracht. Gezielte Fragen sollen den Kunden aufrütteln.

„Sind Ihre Schlafzimmer über diesen starken Störzonen? Leiden Sie oder Ihre Gattin oder Ihre Kinder an Schlafstörungen, rheumatischen Beschwerden etc.? Würde mich nicht wundern, da diese Erdstrahlungen von der Art, wie Sie haben, Krankheiten begünstigen, wenn nicht auslösen, wie es in der Wissenschaft, nun ja, des öfteren bereits bewiesen wurde. Die wenigsten wissen, dass es mit der Bodenstrahlung im Zusammenhang steht.“

Beobachten Sie sehr gut die Reaktionen des Kunden – möglicherweise haben Sie hier einen seiner Ruins entdeckt, zB. „Angst um die Gesundheit“.

Ein anderer Ruinpunkt in Bezug auf Gesundheitsverlust könnte sein:

die kleine Tochter, die durch die parzillenreiche Luft bereits an Bronchialasthma leidet, die möglicherweise, vielleicht einmal chronisch werden kann, sodass sich die Eltern vorwürfe machen müssten, wenn etwas passiert.

Vorführungen im Schlafzimmer des Kunden sollen den Kunden beeindrucken, etwa die Messung von 50-Hertz-Wechselfeldern oder Veränderungen des Erdmagnetfeldes mittels Kompass.

Damit erzielen Sie einen tollen Effekt beim Kunden. Mit diesen relativ einfachen Störfeldmessungen konnte ich einige, sehr negativ denkende Kunden total umstimmen bzw. auf meine Seite gewinnen. Sehr entscheidend bei der Störfeldmessung ist der Effekt. Physikalische Tatsachen überzeugen den Kunden.

Natürlich wird auch hier auf das Krankheitsrisiko eingegangen. Eine Krankheit wird als Summe von verschiedenen Einflüssen dargestellt. Dem Kunden soll die Hoffnung gemacht werden, dass man diese ausschalten kann.

Bei manchen Kunden überwiegt die Gesundheit mehr als die Mauerfeuchtigkeit als Kaufmotiv.

Bei der anschließenden Auswertung der Analyse wird der Ruin des Kunden geschickt eingeflechtet und ihm bewusst gemacht. Dabei soll nach der Bewusstseinsskala von Scientology-Gründer L. Ron Hubbard vorgegangen werden.

Wenn Sie diese Skala beherrschen, der Reihenfolge nach, so können Sie jeden Kunden zu dem Punkt bringen, wo er etwas tun will !!!

Aus Angst vor einer Verschlechterung wird der Kunde erkennen, dass er dringend eine Veränderung braucht, und nach einer Verbesserung verlangen. Das ist der Moment, wo der Aquapolverkäufer Hoffnung und Hilfe vermitteln kann. Den Nachteilen herkömmlicher Verfahren werden die scheinbaren Vorteile des Aquapolsystems gegenübergestellt, etwa dass nicht in die Bausubstanz eingegriffen wird und daher kein Schmutz und Lärm entsteht. Das Aquapolgerät soll auch Energie sparen, da es von einem unbekannten dynamischen Erdmagnetfeld gespeist wird:

Es ist zwar schon ermittelt, aber genaueres kann ich Ihnen heute auch nicht sagen, bis auf das, dass wir jede Menge Gebäude trockengelegt haben, sehen Sie hier nur die Hülle von Referenzen.

Beim Geschäftsabschluss sollten die Verkäufer nicht zu viel Zeit verlieren. Der Kunde soll abgelenkt werden, dass er nicht in eine Entscheidungsphase kommt, ob er das System will oder nicht. Stattdessen soll man ihm gratulieren, dass er ein gutes Geschäft gemacht hat. Danach soll der Verkäufer noch sitzen bleiben und über Gott und die Welt plaudern – man will doch schließlich nicht den Eindruck erwecken, nur wegen des Verkaufs hier zu sein.

Sanfte Krebsmedizin

In der ARTE-Doku Krebs: Das Geschäft mit der Angst ging es um die gefährlichen Folgen alternativer Behandlung. Man muss immer wieder vor den falschen Heilversprechen warnen:

Sanfte Medizin ist in. Auch bei lebensbedrohlichen Krankheiten wie Krebs suchen Patienten nach einer Behandlung ohne Nebenwirkungen. Doch hinter dem schönen Schein verbirgt sich oft eine Medizin, die keine Wirkung zeigt.

Patienten und Angehörige sind in einer so schlimmen Situation bereit, alles für die Genesung zu geben. Sie zahlen viel Geld und erhalten dafür beispielsweise eine „energetische“ Behandlung, die zwar keine Wirkung hat, aber den Menschen Hoffnung gibt und Kraft schöpfen lässt. Jedoch wird eine alternative Behandlung nicht immer nur als Zusatz gesehen, sondern gefährlicherweise als echte Alternative mit den vermeintlich besseren Genesungschancen. Wo zahlungswillige Patienten nach Wegen suchen, einer Chemotherapie zu entkommen, finden sich auch Ärzte und Heilpraktiker, die alternative Therapien als alleinige Behandlungsform anbieten und anpreisen. Aufgrund von übertriebenen Heilsversprechen sind Patienten dann oft bereit, eine wirksame Therapie abzulehnen, wie die ARTE-Doku zeigt.

Die gezeigten Fälle treiben mir die Zornesröte ins Gesicht, in anderen Momenten schießen mir wieder Tränen in die Augen. Das Thema interessiert mich nicht nur als Skeptiker, sondern nimmt mich auch deshalb so mit, weil ich persönlich betroffen bin: Meine Mutter ist an Krebs erkrankt. Nach ihrer Diagnose haben sich Freundinnen und Verwandte zahlreich mit – sicherlich gut gemeinten – Ratschlägen gemeldet, an welche Therapeuten und Ärzte sie sich wenden solle. Das waren meist vergleichsweise harmlose Therapien wie Kinesiologie und Bioresonanz, die von Energetikern durchgeführt werden. Doch beim letzten Telefonat war ein ganz anderes Kaliber dabei, das der ARTE-Doku um nichts nachsteht. So schnell kanns gehen, und man kommt selbst mit der gezeigten Galvanotherapie, Aprikosenkernen und MMS in Kontakt.

Dr. Alexandra Koller

Alexandra Koller betreibt in Fürstenfeld in der Steiermark eine Ganzheitliche Ordination und bietet unter anderem eine Schwermetallausleitung an. Über sich selbst sagt sie, sie sei bewusst von der üblichen Sparte der Medizin weggegangen, weil sie das Gefühl hatte, Medizin müsse etwas anderes sein. Ihre Andersartigkeit stellt sie dabei gerne zur Schau: Auf ihrer Website verlinkt sie auf Infokrieger-Seiten. Weiters hält sie auf einschlägigen Veranstaltungen Vorträge, etwa nächste Woche bei der Gaudi-Wohlfühl-Messe unter dem Motto „Freie Energie trifft Weltraummedizin“, wo sie gemeinsam mit Größen der Scharlatanerie auftritt. Neben Quantenmedizin und Spontanheilungen durch informiertes Wasser verbreitet dort Helmut Pilhar die gefährliche Botschaft der Germanischen Neuen Medizin von Ryke Geerd Hamer.

Sanfte Krebsmedizin

Wie gefährlich diese Frau Koller ist, erzählt sie selbst in einem Vortrag über Sanfte Krebstherapie, der auf Youtube zu finden ist. Ihre Empfehlungen sind im Folgenden aufgelistet. Manche Aussagen habe ich sinngemäß mitgeschrieben und dem tatsächlichen Stand des Wissens gegenübergestellt. Dabei spricht sie sich immer wieder gegen die Schulmedizin und Chemo-Therapie aus und bestätigt auf Nachfrage aus dem Publikum:

„Die Therapien werden immer toxischer und die Überlebensraten nicht besser. Die große Masse wird mit Therapien zugeschüttet und es ist kein Behandlungserfolg da. Man hat nicht wegen der Zytostatika überlebt, sondern trotz der Zytostatika.“

Orthomolekulare Medizin

  • (Koller) Wir haben einen chronischen Vitaminmangel. Optimale Zellfunktion erreichen wir über die Gabe von wichtigen Mikronährstoffen.
  • (Wikipedia) Die Überdosierung der eingesetzten Vitalstoffe kann zu Gesundheitsschäden führen. Etliche Studien belegen, dass eine längerfristige hochdosierte Gabe von Vitaminen, wie sie in der orthomolekularen Medizin praktiziert wird, zu ernsthaften Gesundheitsschäden führen und die durchschnittliche Lebenserwartung verkürzen kann. Die Annahme einer weitverbreiteten Mangelversorgung der Bevölkerung mit Vitaminen und Mineralstoffen ist unzutreffend, die Annahme, viele Krankheiten würden auf ungesunde Ernährung zurückzuführen sein, ist falsch und die Annahme, dass viele Krankheiten durch Supplementierung geheilt werden könnten, ist irrig. Viele Kritiker sehen die orthomolekulare Medizin als Pseudowissenschaft an, die vor allem das Geschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln fördere und durch die Hersteller von Supplementierungsprodukten unterstützt werde.

Chelat-Therapie

  • (Koller) Schwermetallbelastung wird von der Schulmedizin ignoriert.
  • (Wikipedia) Die Chelattherapie wird alternativmedizinisch zur Behandlung von subklinischen Schwermetallvergiftungen eingesetzt. Diese Anwendung ist nicht zugelassen, wissenschaftlich widerlegt und wird von Fachgesellschaften abgelehnt. Amerikanische und deutsche Ärzteverbände und die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA haben schon 1984 vor der Chelat-Therapie gewarnt. 1998 hat die Verbraucherzeitschrift der FDA die Chelattherapie in die Top Ten der als Gesundheitsschwindel erkannten Methoden eingereiht. Keine unabhängige wissenschaftliche Studie hat bislang einen Erfolg der Methode erwiesen.

Electro Cancer Therapy

  • (Koller) Je öfter man diese Therapie macht, umso mehr schrumpft der Tumor. Es machen auch Menschen, die sich für den rein alternativen Bereich in der Tumortherapie entschieden haben. Da verwende ich dann andere Chemo-Mittel, die das gesunde Gewebe nicht schädigen. (…) In Asien gibts diese ECT, da wird über den Darm endoskopisch therapiert. Also da bleibt so manche Operation erspart.
  • (Psiram) ECT ist eine alternativmedizinische Methode ohne Wirksamkeitsnachweis zur Behandlung von Krebserkrankungen. Befürworter dieser wissenschaftlich nicht anerkannten Methode glauben mitunter, dass durch die Anwendung der ECT herkömmliche bewährte Verfahren überflüssig seien. Dadurch können Patienten davon abgehalten werden sich einer sinnvollen Therapie zu unterziehen. Als Nebenwirkung können Verbrennungen ersten Grades mit oder ohne Brandblasen auftreten.

Laetril

  • (Koller) Ich verwende häufig das Laetril, das ist der Wirkstoff aus den Aprikosenkernen (Blausäure). Dieses Cyanid macht keine Schäden im Körper. Das Laetril wird über die Vene infundiert, während der Infusion wird der Strom durch die Tumorherde geleitet. Dazwischen wird das Laetril hochdosiert in Tablettenform geschluckt.
  • (Psiram) Amygdalin wird manchmal in der Alternativmedizin als mögliches Allheilmittel gegen Krebs eingesetzt und entsprechende Produkte werden mit unhaltbaren Heilversprechen beworben und kommerziell vermarktet, obwohl es keinerlei Zulassung für Amygdalin als Arzneimittel gibt. Die Preise betragen bis zu 25 €/kg. Pharmakologen halten es für ein unseriöses „Wundermittel“. Amygdalin wird in Deutschland als ein bedenklicher Arzneistoff angesehen. Herstellung, Einfuhr und Handel sind nicht erlaubt. Die Abgabe von Amygdalin für den Gebrauch beim Menschen durch Apotheker ist strafbar im Sinne des §5 Arzneimittelgesetz und kann auch ohne konkreten Schadensfall strafrechtlich verfolgt werden.

Breuß-Diät

  • (Koller) Mit dabei ist nicht nur die orthomolekulare Medizin sondern auch ein Ernährungsprogramm. Was sich sehr hilfreich gezeigt hat, ist die Breuß-Kur. Die lässt den Tumor schrumpfen.
  • (Wikipedia) Die Methode entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Grundlage, die Krebsdiät wird von der Fachwelt nicht nur als unwirksam, sondern sogar als gesundheitsschädlich eingestuft. Eine länger andauernde Hungerkur kann zu einer zusätzlichen Schwächung der körpereigenen Immunabwehr führen. Die Breuß-Diät ist keine ausgewogene Ernährung. Sie kann bei krebskranken Menschen zu einer lebensbedrohlichen Auszehrung führen. Die österreichische Krebsgesellschaft urteilte über die Breuß-Diät: „Diese absurde Diät zeigt keinerlei Heilerfolge, sondern beschleunigt das Ableben!“

CleanUpWater

  • (Koller) CUW ist der Nachfolger vom MMS. Es wird oral oder als Infusion gegeben. Man soll es als Darmreinigungskur konzentriert einnehmen, jede Stunde ein paar Tropfen.
  • (Wikipedia) Unter dem Namen Miracle Mineral Supplement (MMS) wird eine giftige Lösung von 28 % Natriumchlorit in Wasser vertrieben. MMS wird fälschlicher- und gefährlicherweise als Wundermittel für verschiedene Anwendungen vertrieben: Etwa als Nahrungsergänzungsmittel und alternatives Antibiotikum mit vorbeugenden oder gar heilenden Wirkungen gegenüber Krankheitserregern (z. B. Malaria) bis hin zur Behandlung von Krebserkrankungen, AIDS, Autismus und Demenz. Bei dieser umstrittenen Therapiemethode wird Natriumchloritlösung verabreicht, in welcher durch Zumischen von Citronensäure das hochreaktive giftige Chlordioxid freigesetzt wird, das normalerweise zu Desinfektionszwecken oder zum Bleichen verwendet wird. Die Behandlung mit MMS wird als Quacksalberei eingestuft. Mehrere Gesundheitsbehörden haben inzwischen vor MMS gewarnt und teilweise auch konkrete Maßnahmen zum Verbraucherschutz ergriffen.

Weiters empfiehlt Frau Koller vergleichsweise unspekakuläre Behandlungen wie PEMF (pulsierende Magnetfeldtherapie). Sie sieht eine Ursache der Krebsentstehung in der Übersäuerung des Körpers, wodurch eine Infektion begünstigt wurde. Daher steht Kolloidales Silber am Programm. Chlorophyll-Präparate dienen dem Abbau der Übersäuerung. Weitere Entgiftungsmaßnahmen umfassen Gerstengrasextrakt und Acaibeerensaft.

Frau Koller vertreibt selbst das NovaVitalis Kristallwasser – Wasser, das eigentlich nicht mehr kann als normales Wasser, aber garniert mit Heilversprechen teuer vermarktet wird. Frau Koller rührt kräftig die Werbetrommel: „Es unterliegt einem speziellen Herstellungsverfahren und ist 144 Tage gereift, es wird mit 40 verschiedenen Kristallen angereichert unter ständigem Durchfluss. Diese Kristalle sind speziell geschliffen, wir sprechen von strukturiertem Wasser mit besonderer Wirkung auf unsere Zellen. Es geht sofort vom Darm in die Zellen hinein und es hat wichtige Entgiftungsfunktionen. Es ist nicht einfach Wasser! Es hat seine Spezialität bei Tumor- und Viruserkrankungen, Schwerkranke sollten flüssiges Kristallwasser mit einem Tonikum kombinieren.“ Die Kristallwasser-Essenz ist bei Frau Koller direkt erhältlich, und zwar um stolze 37 Euro pro 0,75 Liter.

Eine Alternative zur Alternative

Es ist verständlich, dass Erkrankte selbst aktiv werden wollen, um zu ihrer Genesung beizutragen. Doch nicht immer sind zusätzliche Therapien sinnvoll. In besonders schlimmen Fällen von selbsternannten Heilern können solche Angebote nicht nur sehr teuer, sondern auch gefährlich sein. Viele Menschen sehnen sich in einer schweren Situation nach Zuwendung und Zeit, die sie im Krankenhausbetrieb nicht erhalten. Doch diese Zuwendung muss man sich nicht beim Alternativmediziner kaufen. Psychoonkologische Beratung erhält man beispielsweise bei der Österreichischen Krebshilfe, die sich die Unterstützung von Patienten und Angehörigen in dieser schwierigen Lebenslage zur Aufgabe gestellt hat.

Kostenlos und anonym werden Patienten und deren Angehörige persönlich betreut – bei der Verarbeitung der Diagnose Krebs, als Krisenintervention, wenn es „scheinbar nicht mehr geht“ sowie als Unterstützung und Begleitung im Alltag, da es manchmal notwendig ist, neue Gewohnheiten zu erlernen. Dabei sind alle Fragen, alle Gefühle erlaubt.

In Deutschland bietet die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. professionelle Unterstützung für Krebskranke. Es gibt solche Angebote, bitte nutzt sie auch!


Nachtrag: Facebook-Gruppe

Auf Facebook gibt es die Gruppe „Lebensfit.Medizin Dr. Alexandra Koller“ mit derzeit 770 Fans. Unter dem Namen Lebensfit gibt es in Fürstenfeld ein Fitnessstudio, das humanenergetische Leistungen anbietet und Nahrungsergänzungsmittel vertreibt. In der Gruppe, die von Gernot Gauper administriert wird, erfährt man aktuelle Angebote aus der Praxis von Alexandra Koller. Ich habe die Themen der Statusmeldungen und verlinkten Artikel herausgeschrieben. Die Botschaft ist klar: Chemotherapie tötet! Lasst euch von Frau Dr. Koller therapieren!

Korruption in der Pharmaindustrie, unterdrückte Heilpflanzen, Energiemedizin, Orthomolekularmedizin, Kristallwasser, natürliche Krebsheilung, Orgon als Lebensenergie, Heilkraft von Vitamin D, Ionen-Generator-Kabine, Freie Energie, Chemotherapie verkürzt die Lebensdauer, NLP-Ausbildungen, MMS, Synergy-Nahrungsergänzungsmittel, Chemo-Krebsärzte sind Mörder, Chemo-Erfolgsquote 2%, Kolloidales Silber = Antibiotikum ohne Nebenwirkungen, elektromagentische Waffen, die Wahrheit hinter Diabetes, Quer-Denken-Kongress, mit Chemotherapie sterben Krebspatienten schneller als ohne Behandlung, Erdheilungsritual, Impfen erzeugt Autismus, die 5 biologischen Naturgesetze entdeckt von Ryke Geerd Hamer, Nebenwirkungen der Masernimpfung sind ein Bombengeschäft für die Pharmaindustrie, exotische Fruchtkerne töten Tumore innerhalb von Minuten, MMS gegen Alzheimer, Krebs in Israel eine Ausnahmeerscheinung, Skalarwellen und die verschwiegene gefahr, Regierung gibt zu: Impfungen verursachen Autismus, Chemotherapie fördert das Tumorwachstum, die größte Pharmaverschwörung aller Zeiten, Kinder sterben nach Sechsfachimpfung, natürliches Heilmittel Natron, Krebs mit natürlichen Methoden heilbar, Entgiftung des Körpers, die seelischen Ursachen der Krankheiten nach der Germanischen Neuen Medizin, Studie entlarvt Chemotherapie als Schwindel, Chemotherapie reduziert den Behandlungserfolg bei Krebs, mehr Krebszellen wachsen bei Chemotherapie, die Wahrheit über die Chemotherapie, der gewollte Krebs, Sauerstoffenergie-Therapie Airnergy, Wasserstoffperoxid ein medizinisches Wundermittel, die verschwiegene Wahrheit über Krebs, die Lügen in der Medizin, ADHS durch Impfungen, MMS – warum die Massenmedien in die Irre führen, erstaunliche krebshemmende Eigenschaften von Löwenzahn, Krebs – ein Geschäftsmodell, neues Bewusstsein in der Quantenphysik, Bioresonanz-Informationsmedizin, Qi-Energy-Platte in der Ordination, Medikamente tödlicher als Raubtiere und alle illegalen Drogen zusammen, russische Heilgeheimnisse, Blutbehandlungen, ungeimpfte Kinder sind gesünder, Chemtrails: Krebs soll bewusst gefördert werden, Lebensmitteltest mittels Photonenscanner, Grippe-Impfstoff unter Krebs-Verdacht, Krebs heilen mit Cannabis, Studienkreis Germanische Heilkunde, Chemtrails und die Folgeerscheinungen,  komplementäre Krebsmedizin, RoundUp verursacht Krebs, Carotinoid-Status mit dem Lebensmittelscanner in der Praxis austesten.

Talk im Hangar-7 über Alternativmedizin

Über das Thema „Alternativmedizin: Heilmittel oder Hokuspokus?“ diskutierten gestern beim Talk im Hangar-7 auf ServusTV der Quantenphysiker Florian Aigner, der Pharmazeut Edmund Berndt und die Psychologin Ulrike Schiesser mit den Homöopathen Michael Frass und Evemarie Wolkenstein sowie Pharmavertreter Robin Rumler.

Von TV-Diskussionen über Homöopathie erwarte ich mir an sich ja keinen großartigen Informationsgewinn. Man kennt die Teilnehmer und deren Argumente, die allesamt bereits anderswo in ähnlicher Form angeführt wurden, und am Ende fühlen sich sowohl die Befürworter als auch die Gegner in ihrer Meinung bestätigt. Ich habe mir die Sendung trotzdem angesehen, denn im Vorfeld wurden in diese Runde ob der starken Präsenz der Skeptiker hohe Erwartungen gesetzt.

Glaubt man den Kommentaren in der Facebook-Gruppe Wissenschaft und Skeptizismus, hätte es nicht besser laufen können. Man liest, dass sich die Homöopathen selbst widersprechen, unbelegte Behauptungen aufstellen und keine guten Argumente haben. Nur ein User merkt an, dass sie leider dennoch die besseren Argumente hätten: „Billige, populistische, unlogische Argumente, die von der Masse sofort geschluckt werden.“

Auch andere Skeptiker waren nicht sehr begeistert:

Bei einer solchen Diskussion sieht es zwar so aus, als ob Befürworter und Gegner am Podium miteinander diskutieren würden. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es nicht nur zwei Parteien gibt, sondern auch noch eine dritte beteiligt ist: die Zuseher vor den Bildschirmen, die sich ihre Meinung bilden möchten. Genau diese Unentschlossenen sind die Zielgruppe unserer Öffentlichkeitsarbeit als Skeptiker. Diesen Personen sollte bei TV-Diskussionen unsere ganze Aufmerksamkeit zukommen. (Die Hoffnung, in einer TV-Sendung einen Homöopathen bekehren zu können, sollten wir uns ohnehin nicht machen.)

Politiker sind darin geschult, Fragen von Journalisten nicht zu beantworten, sondern möglichst elegant zu umschiffen und die eigene Botschaft durchzubringen. Auch Alternativmediziner verstehen dieses Spiel ganz gut. Ich habe versucht, mir die Diskussion mit den Augen eines unbeteiligten Zusehers anzusehen, und überlegt, wie sie wohl aus dieser neutralen Perspektive gewirkt hat. Im Folgenden möchte ich anführen, warum die Skeptiker trotz schlüssigerer Argumente nicht bei allen Zusehern punkten konnten.

  • Ich sehe grundsätzlich einen Nachteil darin, dass am Podium Mediziner die Homöopathie verteidigen, während als Gegner nur Vertreter anderer Fachrichtungen auftreten. Patienten werden eher einem erfahrenen Arzt vertrauen als Wissenschaftlern, die sich nur mit grauer Theorie und kalten Zahlen beschäftigen. (Laut der Initiative für wissenschaftliche Medizin gäbe es doch genügend Ärzte, die sich gegen Scheinmedizin einsetzen.) Die Diskussion darf nicht zu einem Duell zwischen Medizin und Naturwissenschaften verkommen. Auf die „guten Erfahrungen“ mit der Homöopathie sollte man auch noch näher eingehen. Man muss klarmachen, dass Homöopathen nicht deshalb eine Wirksamkeit der Homöopathie feststellen, weil sie feinfühliger sind, sondern auch dann beeindruckende Fortschritte bei ihren Patienten erkennen, wenn man ihnen die homöopathischen Präparate heimlich durch leere Zuckerkügelchen ersetzt.
  • Edmund Berndts Ausführungen über seine persönliche Fehde mit Professor Frass müssen auf jemanden, der die Vorgeschichte nicht kennt, befremdlich wirken. (Der Moderator hat an dieser Stelle richtigerweise eingegriffen, in einer Forumsdiskussion des Kurier findet man mehr Details dazu.) Auch sein aufgeladener Monolog über die zweifelhafte Geschichte der Homöopathie wird nicht viele überzeugt haben. Wir sollten uns nicht eine rein wissenschaftliche, sondern stärker patientenorientierte Argumentation aneignen. Wir sollten nicht verbissen gegen die unhaltbare Theorie der Homöopathie wettern, sondern zeigen, dass wir uns für eine gute medizinische Behandlung einsetzen. Angebrachte Kritik nicht nur an der Alternativmedizin, sondern auch an Missständen im Gesundheitssystem und gewissen Machenschaften der Pharmaindustrie würde unsere Glaubwürdigkeit unterstreichen.
  • Leider zählen bei einer Diskussion oft weniger die präsentierten Fakten als reine Sympathie. Alternativmediziner sind auch deshalb so erfolgreich, weil sie Ruhe ausstrahlen und rhetorisch geschickte Redner sind, denen man gerne zuhört. Edmund Berndt ist sich im Klaren, dass er trotz umfangreichen Fachwissens nicht überzeugen kann, und meint auf die Frage, was er von Homöopathen lernen könne, ganz einfach: Charisma.
  • Ich finde es wichtig, dass man den Menschen, die der Homöopathie positiv gegenüberstehen, nicht das Gefühl gibt, dass sie blöd sind, wenn sie daran glauben. Das hören mündige Menschen gar nicht gerne! Einen wertvollen Beitrag dazu hat die Psychologin Ulrike Schiesser geliefert, indem sie erklärt hat, warum die Alternativmedizin ein höchst menschliches Bedürfnis nach Zuwendung befriedigt und wieso wir dazu neigen, derartigen Methoden eine positive Wirkung zuzusprechen.

Bei Fernsehdiskussionen bleibt ein Dilemma: Versuchen wir faktenbasiert mit Argumenten zu punkten, verlieren wir die Diskussion an die sympathischen Homöopathen. Greifen wir zu den gleichen populistischen Mitteln wie diese, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit. Es gilt, einen Mittelweg zu finden. Um zu einem versöhnlichen Abschluss zu kommen, schließe ich mich einem weiteren Tweet von Florian Freistetter an:

Wie man sachlich diskutieren kann, hat ja Florian Aigner sehr gut gezeigt.

Bioresonanz in der Ernährungsberatung

Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind derzeit ein großes Thema. Auch wenn es nur wenige Menschen tatsächlich betrifft, halten sich viele Menschen für laktoseintolerant oder ernähren sich glutenfrei. Für die Lebensmittelindustrie sind solche Produkte ein gutes Geschäft, wie in der Sendung Quarks & Co gezeigt wurde.

Ein Grund für die vielen Fehldiagnosen ist bei Heilpraktikern und Energethikern zu suchen, die ihren Kunden mit pseudomedizinischen Diagnoseverfahren Intoleranzen aufschwatzen – und dann mit einer passenden Pseudotherapie gleich doppelt verdienen.

Ein beliebtes Verfahren ist die Bioresonanz. Der Patient nimmt zwei Elektroden in die Hand, über die Körperschwingungen an ein Gerät übertragen werden, das pathologische Schwingungen in gute Schwingungen umpolen soll. Auf diese Weise könnten Krankheiten geheilt werden, meinen die Befürworter. Das Problem: Bei dem Gerät handelt es sich mehr oder weniger um eine Attrappe. Die Wirksamkeitsversprechen halten einer Überprüfung nicht stand. Eine zuverlässige Diagnose ist nicht möglich, es werden reine Zufallstreffer erzielt.

Die fehlende Wirksamkeit ist kein Hindernis, dieses Verfahren wird gerne in der Ernährungsberatung angewendet und fürstlich entlohnt. Doch man findet auch Ernährungsinstitute, die kritisch dazu Stellung nehmen und Bioresonanz ablehnen. Physiker und Science Buster Heinz Oberhummer meint in der ZIB 2: „Wer daran glaubt, ist ein Fall für die Psychotherapie und wer damit Geld verdient, ist ein Fall für den Staatsanwalt.“

(ZIB 2 vom 25.04.2013, 22 Uhr)

Ist rechtlich alles in Ordnung?

In Österreich kann Ernährungsberatung von verschiedenen Berufsgruppen angeboten werden:

  • Der medizinische Bereich ist Ärzten und Diätologen vorbehalten. Nur diese dürfen kranke und krankheitsverdächtige Personen behandeln.
  • Die nicht-medizinische individuelle Ernährungsberatung steht auch Ernährungswissenschaftern offen. Diese haben Ernährungswissenschaften studiert und dürfen ausschließlich gesunde Menschen beraten. Der entsprechende Gewerbeschein lautet auf „Lebens- und Sozialberatung, eingeschränkt auf Ernährungsberatung“.
  • Auch Energethiker bieten häufig Ernährungsberatung an. (Diese müssen keinerlei Ausbildung vorweisen, es handelt sich um das „freie Gewerbe der Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw. energetischen Ausgewogenheit“.) Dies ist nur dann zulässig, wenn es sich nicht um eine individuelle Beratung bei persönlichen Ernährungsproblemen handelt, sondern um eine allgemeine Vermittlung von Kenntnissen oder einfache Tätigkeiten wie Kochkurse und Kalorienzählen. Energethiker verwenden gerne den gesetzlich nicht geregelten Begriff „Coaching“ dafür.

Auch wenn die Kompetenzen und erforderlichen Qualifikationen klar geregelt sind, kommt es immer wieder zu einer Überschreitung der Befugnisse, etwa wenn Energethiker mit der Heilung von Krankheiten durch individuelle Ernährungstherapie werben.

Man findet auch zahlreiche Ernährungswissenschafter, die zusätzlich zur Ernährungsberatung das freie Energethiker-Gewerbe angemeldet haben und damit Bioresonanz anbieten. Das sehe ich problematisch, da der Bioresonanz dadurch ein wissenschaftlicher Anstrich verliehen wird. (Diätologen dürfen das nicht, sie müssten mit Konsequenzen rechnen.)

Brief an den VEOE

Ich habe daher an den Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs einen Brief geschrieben, um auf das Problem der Vermischung von Ernährungswissenschaft und Humanenergetik hinzuweisen, und nachgefragt, wie der Verband zu solchen Praktiken steht:

Sehr geehrte Damen und Herren!

ErnährungswissenschafterInnen gelten als ExpertInnen in Ernährungsfragen. Wir ich nun leider feststellen musste, werden sie ihrem wissenschaftlichen Anspruch aber nicht immer gerecht.

Eine Bekannte erzählte mir von Lebensmittelverträglichkeiten, die sich bei ihrer Familie und ihren Freundinnen ausbreiten würden. Diese seien alle professionell von einer Ernährungswissenschafterin ausgetestet worden, und zwar mit Bioresonanz (einem bekanntermaßen pseudowissenschaftlichen Verfahren). Bei ihr sei beispielsweise eine Glutenunverträglichkeit diagnostiziert worden – ein rotes Lämpchen habe das angezeigt. Sie habe mehrere 100 Euro dafür und für weitere Detox-Behandlungen zur Ausleitung von Schadstoffen bezahlt.

Die betreffende Ernährungswissenschafterin hat sowohl das Gewerbe der Lebens- und Sozialberater (eingeschränkt auf Ernährungsberatung) als auch das Energetiker-Gewerbe angemeldet.

Das Ernährungsberatung-Gewerbe befähigt zur Beratung von gesunden Menschen. Als Energetiker darf man Wohlfühl-Behandlungen ohne belegte Wirksamkeit ebenfalls nur als Hilfestellung an Gesunden durchführen.

Angeboten wird von betreffender Ernährungswissenschafterin ein Gesamtpaket von Bioresonanzanalyse und Ernährungsberatung entsprechend den diagnostizierten Unverträglichkeiten. Dazu erlaube ich mir, folgende Fragen an Ihren Verband zu stellen:

Die medizinische Beratung in Ernährungsfragen ist DiätologInnen vorbehalten. Überschreitet die Ernährungswissenschafterin mit der Diagnose und Therapie von Lebensmittelunverträglichkeiten ihre Kompetenzen?

Die Anwendung der Bioresonanz ist zwar durch das Energetiker-Gewerbe gedeckt, jedoch nicht in der Lage, Lebensmittelunverträglichkeiten festzustellen. Somit werden ohnehin nur Schein-Erkrankungen therapiert. Sehen Sie ein Problem in der Vermischung von wissenschaftlicher mit pseudowissenschaftlicher Praxis und finden Sie, dass dies dem Ansehen Ihres Berufsstandes schadet?

Da ernährungswissenschaftliche Beratung und Wohlfühlbehandlungen gemeinsam angewendet werden, fällt es Laien schwer, unwirksame Methoden als solche zu erkennen. Unter dem Deckmäntelchen der Ernährungswissenschaft werden Bioresonanz und andere Scheinverfahren teuer angeboten.  Billigt Ihr Verband solche Praktiken, oder spricht er sich dagegen aus und geht auch dagegen vor?

Einige Wochen später konnte ich dann sehen, was der Verband erwirkt hat. Auf der Website der betreffenden Ernährungswissenschafterin findet man nun einen rechtlichen Hinweis:

Die Bioresonanz und energetische Behandlungen im Allgemeinen sind keine Arbeitsmethoden im Sinne der empirischen Naturwissenschaften, daher von der Wissenschaft nicht anerkannt. Es handelt sich bei den von mir angebotenen Behandlungen nicht um medizinische Therapien. Daher stellen sie keinen Ersatz für ärztliche Diagnose und Therapie dar. Bitte wenden Sie sich für die Erstellung einer Diagnose und für Therapie an Ihren Arzt.

Die Begriffe Heilung, Bioresonanztherapie, Therapie und Behandlung werden auf dieser Webseite ausschließlich im energetischen Sinn verwendet. Ich bin Ernährungberaterin und Energetikerin und biete daher Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw. energetischen Ausgewogenheit mittels Bioresonanz, Ernährungsberatung und Mykotherapie (Heilen mit Pilzen) an.

Dass diese Angaben in krassem Widerspruch zu den restlichen Informationen stehen, wird wohl nur die wenigsten Kunden stören. Doch dieser Hinweis reicht als Freibrief, um als studierter Ernährungswissenschafter schamlos Bullshit verbreiten und verkaufen zu können.

Christlicher Glaube und Homöopathie

Es mutet wie Selbstironie an: Die katholische Kirche warnt vor der Ausbeutung der Gutgläubigkeit und verurteilt alternative Heilmethoden als Magie. Die Anrufung höherer Mächte sei mit dem christlichen Glauben unvereinbar. Das Bistum Augsburg verweist etwa auf wissenschaftliche Studien, die der Akupunktur nur eine Placebowirkung zuschreiben, und führt abzulehnende Methoden der Alternativmedizin an:

In dem Dokument des Päpstlichen Rates für die Kultur und des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog, „Jesus Christus – Bringer des Wassers des Lebens“ zum Thema New Age v. 03.02.2003, wird ein Vorbehalt gegenüber Akupunktur, Biofeedback, Chiropraxie, Kinesiologie, Homöopathie, Irisdiagnose, Ergonomie, Feldenkraismethode, Reflexzonenmassage, Rolfing, Polaritätsmassage, therapeutisches Berühren, Visualisation, Ernährungstherapien, Heilung durch Kristalle, Reinkarnationstherapie usw. ausgesprochen (Nr. 2.2.3), da sie zum esoterischen Hintergrund von New Age gehören.

Eine homöopathische Behandlung sei für überzeugte Christen nicht empfehlenswert. Statistische Daten würden gegen die Wirksamkeit der Homöopathie sprechen, sodass es sich offensichtlich um Betrug handle. Der christliche Gegner der Homöopathie, Eckart Haase meint:

Heilung gibt es entweder durch die Gabe realer Wirkstoffe oder durch übernatürliche göttliche Heilung. Die Homöopathie verspricht ebenso eine übernatürliche Heilung. Sie steht daher in direkter Konkurrenz zum christlichen Glauben. Es geht hier in der Tat um eine Entscheidung: Wem vertraue ich? (…) Die Homöopathie ist mit dem christlichen Glauben daher absolut unvereinbar.

Er gesteht, dass sowohl die Homöopathie als auch die Religion auf unhinterfragten Glaubensannahmen beruhen. Ein christlicher Heilpraktiker bewertet eine lange Liste an Naturheilverfahren aus biblischer Sicht. Er findet oftmals esoterisches Gedankengut und rät von Hokuspokus, in welchem er eine Masche des Teufels sieht, ab. Er erklärt auch, warum solche Methoden zu wirken scheinen: Die Zeit arbeite für den Therapeuten, über den Wohlfühleffekt komme es zu einer momentanen Verbesserung, und auch Suggestion und der Placeboeffekt seien nicht zu unterschätzen.

Doch längst nicht alle Christen sind so vernünftig und lehnen die Homöopathie ab. Der Bund katholischer Ärzte widerspricht und sieht darin eine hilfreiche, seriöse Therapie. Dr. Gero Winkelmann wendet Homöopathie zur Behandlung von Homosexualität und Pädophilie an und empfiehlt sie auch Geistlichen, die sexuellen Missbrauch betreiben!! Auch eine Vergewaltigung könne damit behandelt werden. (Die Entstehung menschlichen Lebens dürfe nicht verhindert werden, da Gott der Schöpfer dieses Kindes sei.)

Florian Freistetter und Cornelius Courts haben sich mit dem absurden Vorhaben katholischer Ärzte, Homosexualität homöopathisch zu behandeln, bereits ausführlich befasst. Florian fordert:

Warum können sich die Kirchen nicht aus dem Sexleben der Menschen raus halten? Warum können sie sich nicht überhaupt aus dem Leben der Menschen raus halten die mit ihrer Religion nichts am Hut haben? Religion ist Privatsache – lasst den Rest der Welt damit zufrieden.

Ähnlichkeiten zwischen Scientology und Amway

Ich habe mir die Scientology-Doku „Going Clear: Scientology and the Prison of Belief“ angesehen. Bisher hatte ich mich noch nicht sehr mit den Praktiken dieser Gruppierung beschäftigt, doch ein persönliches Erlebnis hat mein Interesse geweckt. Nachdem ein Freund beim MLM-Unternehmen Amway eingestiegen ist, habe ich mich zu diesem Thema intensiv informiert, und immer wieder von scientology-ähnlichen Praktiken gelesen, die Amway vorgeworfen werden. Parallelen zwischen den beiden Organisationen möchte ich in diesem Beitrag herausarbeiten.

  • Beide basieren auf einem totalitären Kult und verehren ihre Gründer. Sie versprechen ein glückliches Leben und geschäftlichen Erfolg, wenn man nur die Vorgaben der Organisation befolgt. Auch wenn sich Scientology zwecks Steuerbefreiung als Kirche darstellt, geht es dennoch um’s Geschäft. Ein Religionscharakter wird von Fachleuten verneint, da Scientology bewusst als eine Religion konstruiert wurde.
  • Beide gerieren sich als Weltverbesserer. Bei Scientology soll man durch die eigene Persönlichkeitsentwicklung zu geistiger Freiheit gelangen und so zur Weltelite aufsteigen. Amway will durch ihr „faires“ Geschäftsmodell nicht nur den Mitgliedern zu Reichtum verhelfen, sondern auch die Welt zu einem besseren Ort machen.
  • Scientology verkauft Auditings und Kurse als „Brücke zur totalen Freiheit“. Je höher die erreichte Stufe ist, umso mehr Geld wird einem aus den Taschen gezogen. Statt Freiheit erwartet einen die Sklaverei. Auch bei Amway dreht sich das eigentliche Geschäft weniger um Produkte sondern um teure Schulungen und Unterlagen, die den Mitarbeitern aufgedrängt werden, da man nur mit ihnen zum Erfolg gelangt. Man findet viele solcher Tools auf eBay, die von Aussteigern verscherbelt werden.
  • Publikationen vom Scientology-Gründer L. Ron Hubbard werden als heilige Schriften verehrt. Auch bei Amway gibt es einen Kult um Motivationsbücher und CDs von führenden Persönlichkeiten, die ihre Geheimnisse preisgeben und einen so zum Erfolg führen sollen.
  • Sind die Menschen erfolgreich, haben sie das alles Scientology bzw. Amway zu verdanken. Sind sie es nicht, sind sie selber schuld, weil sie nicht hart genug gearbeitet haben, nicht an die Sache geglaubt haben, zu wenig Kurse besucht haben oder negative Gedanken gehabt haben – wird ihnen eingeredet.
  • Bei pompösen Veranstaltungen wird der Erfolg der eigenen Organisation und das Glück der Mitglieder zur Schau gestellt. Führende Persönlichkeiten oder Promis erwecken den Eindruck eines luxuriösen Lebensstils und umfassenden Lebensglücks. Die eigenen Mitglieder jubeln euphorisch, immer wieder gibt es tosenden Applaus. Für jede erreichte Stufe werden Mitglieder auf der Bühne vor den anderen geehrt. In der Hoffnung auf Anerkennung werden sie motiviert, Kurse zu besuchen und Umsatz zu generieren. Bei wöchentlichen Treffen werden die Mitglieder auf die gemeinsame Sache eingeschworen. Dabei ist immer lächeln angesagt, negative Gedanken sind verboten.
  • Beide Organisationen sind streng hierarchisch organisiert und werden durch Missionierungsarbeit am Leben erhalten. Dabei werden auch Freunde und Familienmitglieder angesprochen. Man glaubt daran, den angeworbenen Mitgliedern etwas Gutes zu tun. In der Hoffnung auf den eigenen Erfolg arbeiten die Mitglieder um einen Gotteslohn für die Organisation und sorgen so für einen steten Nachschub an neuen Mitgliedern, die wiederum anwerben. Dabei werden Menschen oft in einer wirtschaftlich oder sozial schwierigen Lebensphase angesprochen, da sie in dieser Situation eine besonders leichte Beute darstellen. Später werden die Manipulierten selbst zu Manipulierern.
  • Beschönigende Sprache findet man als Elemente in beiden Organisationen. Scientology spricht zum Beispiel bei seinen Strafbestimmungen für unfolgsame Mitglieder von „Ethics“. Amway nennt das Anwerben neuer Mitglieder als „sponsern“, obwohl das neu „gesponserte“ Mitglied bezahlt und frisches Geld in das System pumpt! Der Sponsor „hilft“ nur mit seiner Erfahrung.
  • Beide nehmen massiv Einfluss aufs Privatleben der Mitglieder. Diese sollen sich nur mit Freunden innerhalb der Organisation abgeben, um schädliche Einflüsse von Außen fernzuhalten. Zu Kritikern („Suppressive Persons“) soll man den Kontakt abbrechen, auch wenn es sich um Familienmitglieder handelt, und sich ganz dem Glauben an den eigenen Erfolg widmen. Amway ist bedacht, Mitglieder immer als Pärchen aufzunehmen, um auf weniger Widerstand zu stoßen. Ist ein Partner skeptisch, wird dem aktiven Mitglied auch schon mal eine Trennung nahegelegt, denn einen Partner findet man wieder, so eine Geschäftschance nur einmal!
  • Nach einem Austritt stehen ehemalige Mitglieder oft vor dem finanziellen und sozialen Ruin. Frühere Freunde hat man durch Missionierungsversuche verärgert, „Freunde“ aus der Organisation sind angewiesen den Kontakt abzubrechen bzw. nicht interessiert, da man fürs Geschäft nutzlos geworden ist.
  • Scientology und Amway geben aus Marketinggründen Engagement für „die gute Sache“ vor und bewerben dies. Amway setzt sich etwa für Umweltschutz ein führt Spendenaktionen durch.
  • Und zu guter letzt: Sowohl Scientology als auch Amway stehen aufgrund ihrer Geschäftspraktiken immer wieder in der öffentlichen Kritik und müssen sich des öfteren vor Gerichten verantworten.

Weiterlesen: Quixtar Cult Intervention

Mit Gesundheitstextilien blöd aus der Wäsche schauen

Textilien aus einer speziellen Faser versprechen gesundheitsfördernde Wirkungen, Steigerung des Wohlbefindens und verbesserte sportliche Leistung. Ich habe mir angesehen, wie solche Produkte funktionieren sollen und ob sie halten, was sie versprechen.

Erster Eindruck

Ich bin mit solchen Produkten über Paljari, eine italienische Multi-Level-Marketing-Firma, in Kontakt gekommen. Typisch für solche Vertriebsformen ist der überteuerte Verkauf von umstrittenen Produkten, die sich ohne die persönliche Überredung nur schwer verkaufen ließen. Dieser Strukturvertrieb bietet neben Gesundheitstextilien auch Nahrungsergänzungsmittel in Form von Vitalpilzen an. Aus der Paljari-Hochglanzbroschüre lächelt ein italienischer Doktor der Alternativmedizin, und es wird die Heilung einer Vielzahl an unterschiedlichen Erkrankungen versprochen. Das alles macht auf den ersten Blick mal keinen seriösen Eindruck.

Gesundheitsversprechen

Auf der Website der Firma Paljari findet man einen Werbetext, der sich in derselben Form auch auf den Seiten von selbstständigen Verkäufern findet. Dort wird erklärt, dass die sogenannte Nexus-Faser in den 1980er-Jahren von einem japanischen Forscher für die Weltraumforschung entwickelt wurde. Später sei ihre gesundheitsfördernde Wirkung erkannt worden, für die spezielle Infrarotwellen verantwortlich sein sollen:

  • Stärkung der Immunabwehr
  • erhöhte Sauerstoffzufuhr
  • entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung
  • bakterienhemmende Wirkung
  • Tiefenwärme erhöht den Stoffwechsel

Auch eine Palette reich an Anwendungsgebieten wird angegeben:

  • Rückenschmerzen, Ischias und Schmerzen im Bewegungsapparat
  • Muskel- und Gelenksschmerzen und zur Schmerzlinderung
  • zum Entschlacken und Entgiften, begleitend zu Fastenkuren
  • zum Aufwärmen vor dem Sport und zum Regenieren nach dem Sport
  • zum Wohlfühlen und Entspannen
  • Arthritis, Rheuma und Gicht
  • Grippe, Erkältung und chronische Bronchitis
  • Darmbeschwerden
  • Ekzeme, Akne und Neurodermitis
  • Herz- und Gefäßerkrankungen
  • Hals-, Nasen- und Ohrenbeschwerden
  • Durchblutungsstörungen und schwaches Immunsystem
  • Zur Vorbereitung therapeutischer Maßnahmen wie zum Beispiel Massagen

Angeblicher Wirkmechanismus

Erklärt wird das alles durch spezielle Infrarotwellen im Wellenlängenbereich von 4-14 Mikrometer (Bio-Infrarot, Ferninfrarot, FIR, far infrared radiation, biogenetic rays). Die Nexus-Faser strahle kontinuierlich natürliches Infrarot ab, das in Resonanz zu Wassermolekülen trete, behauptet ein Anbieter.

Als Ferninfrarot-Therapie werden in der Alternativmedizin Wärmebehandlungen mit pseudowissenschaftlicher Argumentation beworben. Es handelt sich um eine herkömmliche Wärmebehandlung mit Wärmestrahlern. Von einer Tiefenwärme kann man nicht sprechen – Wärmestrahlung im genannten Wellenlängenbereich tritt weniger als 1 Millimeter in die Haut ein.

Doch woher stammt überhaupt die Energie für diese Strahlung? Die Nexus-Faser wird zwar als „Nexus Energy Source“ bezeichnet, aber um ein Perpetuum Mobile wird es sich wohl nicht handeln. Die Kleidung muss nicht vorgewärmt werden, und die Umgebungstemperatur ist üblicherweise niedriger als die Körpertemperatur. Eine plausible Erklärung wäre, dass die Energie von der Wärmestrahlung der Person stammt, die die Kleidung trägt.

Beispiel Rettungsdecke

Eine Rettungsdecke wird in der Ersten Hilfe verwendet, um Patienten vor Unterkühlung zu schützen. Diese besteht aus einer wasserdichten PET-Folie und einer reflektierenden Aluminiumschicht. Der Erhalt der Körperwärme beruht nicht auf Isolierung, sondern basiert auf Minderung des Wärmetransports durch

  • Reflexion der Wärmestrahlung
  • luftdichtes Abschließen (reduziert den Wärmeverlust durch Wind und Aufsteigen warmer Luft durch Konvektion)
  • Wasserdampfsperre (reduziert Wärmeverlust durch Verdunstung)

Bei hohen Außentemperaturen kann man damit auch eine Person vor Überhitzung schützen, indem man die Sonnenstrahlung abschirmt. (Der Unterschied zwischen der silberfarbenen und goldfarbenen Seite ist dabei übrigens vernachlässigbar.) Für eine Reflexion der Wärmestrahlung eignen sich besonders metallische, hochglanzpolierte, glatte Oberflächen.

Wärmende Kleidung

Kleidung wärmt uns normalerweise durch Isolierung. Luftige Kleidung, aber auch Federn und Haare speichern viel Luft, die als Isolierung dient. Für den Outdoor-Bereich gibt es aber auch Funktionskleidung, die nach dem Prinzip der Rettungsdecke funktioniert und eine dünne Aluminiumfolie eingearbeitet hat. Vor kurzem konnte ein Forscherteam zeigen, dass Kleidungsstoffe mit Nanodrähten Körperwärme effizient speichern können. Hier reflektiert ein dichtes Netzwerk aus Silbernanofasern die Körperwärme. (Dank der Leitfähigkeit könnte man sogar eine Stromquelle anschließen und so das Kleidungsstück aufheizen.) Ist das auch bei Nexus der Fall?

Aufbau des Nexus-Gewebes

Das Nexus-Gewebe besteht aus reiner Baumwolle, in das lediglich ultrafeine Partikel der Metalle Platin, Titan und Aluminium eingearbeitet wurden. Das Gewebe ist sehr porös und mit einem dichten Nanonetzwerk auf keinen Fall vergleichbar. Effekte durch Reflexion, Luft- und Dampfsperre fallen beim dargestellten Aufbau wohl sehr bescheiden aus. Beruht die angebliche Wirkung doch nur auf Wärmeerhalt durch simple Isolierung, wie bei normaler Kleidung?

Wissenschaftliche Studien

Der Hersteller wirbt auf seiner Website nicht nur mit Testimonials sondern auch mit Studien zu den Anwendungen in Sport und Medizin, der Sicherheit sowie zur antibakteriellen Eigenschaft, geizt aber mit genaueren Informationen zum Versuchsaufbau. Dass man mit schlechtem Studiendesign und geringen Probandenzahlen leicht zum gewünschten Ergebnis kommt, ist nichts Neues. Die medizinischen Studien werden sogar als „preliminary studies“, also Vorstudien ausgewiesen. Ein Vorher-Nachher-Vergleich der Körpertemperatur (keine Kleidung vs. Nexus-Kleidung) zeigt eindrucksvoll, dass Kleidung wärmt.

Wärmerückführung bei Wund(er)pflastern

Auf Medizin-transparent.at, einem Projekt von Cochrane Österreich, wird in einem aktuellen Artikel die Evidenz zu speziellen Pflastern untersucht, die mit einer langen Liste an Versprechungen und Erfahrungsberichten beworben werden. Behauptet wird, ähnlich wie bei den hier behandelten Gesundheitstextilien, dass das Element Germanium für eine besondere Art der Rückführung der Wärme an den Körper sorgt. Das Team von Cochrane Österreich konnte für den Nutzen des am Pflaster aufgebrachten Halbmetalls Germanium keine stichhaltigen Belege finden und kommt zum Schluss:

Dass es am Pflaster Wärme an den Körper zurück gibt und damit die Durchblutung verbessert, ist ebenfalls nur eine Behauptung. Zwar zeigt der Hersteller Vorher/Nachher-Bilder mit einer Wärmekamera, doch ohne eine genaue Dokumentation und Kontrolle durch Außenstehende ist das völlig wertlos.

Wasserbelebung

Anscheinend werden hier banale Kleidungsstücke mit pseudowissenschaftlicher Argumentation und übertriebenen gesundheitlichen Versprechen vermarktet. Die Hersteller gehen sogar noch weiter und behaupten, dass man mit Nexus Wasser beleben kann! Unter einer eigenen Marke wird ein Flaschenbezug angeboten, der belebend wirken soll. Dabei wird auf den Biologen Roger Coghill verwiesen, der von Ben Goldacre bereits als Pseudowissenschafter überführt wurde.

Ähnliches Produkt: Celliant

Ein ähnliches Produkt wird unter dem Namen Celliant oder Holofiber vertrieben. Dieses besteht aus PET-Fasern mit optisch aktiven Partikeln, die mit vom Körper ausgesendeten Infrarot interagieren. Das Gewebe wird bei uns in Form von Matratzen und Bettzeug verkauft und soll dem Körper im Schlaf Energie zurückgeben. Als Energiespender sollen unter anderem Naturmineralien wie Titan, Silizium und Aluminium fungieren. Auch diese Produkte sollen ihre Wirkung durch Reflexion von Infrarotstrahlung des Körpers entfalten. So direkt wird das natürlich nicht gesagt, sondern mit wissenschaftlich klingenden Ausdrücken ausgeschmückt und umschrieben (thermoreaktive Mineralien, ein vom Stoffwechsel angetriebener Hybridmotor, eine effektive erneuerbare Energiequelle). Auch Vorgänge im Körper, die einfach nur mit Wärme zu tun haben, werden mit dem Produkt in Verbindung gebracht. Es wird einem die eigene Körperwärmestrahlung verkauft! In Österreich sind Celliant-Produkte bei Partys der Firma RudH erhältlich, die auch ein Gerät zur wirkungslosen Magnetfeldtherapie im Programm hat.

Celliant/Holofiber wurde bereits im Skeptics Dictionary Newsletter als „Scam of the minute“ gewürdigt, nämlich für die Behauptung:

Holofiber® material modifies the spectrum of visible and invisible light, interacting with certain wavelengths, and altering them into energy. When Holofiber® is worn as clothing, or placed near a person (in a bed sheet or pillowcase) it transmits the altered energy to the body. This energy sent to the body by Holofiber® helps the body’s cells to be better oxygenated. Good for diabetics and people with skin problems.

Auch ein Artikel in der New York Times beschäftigt sich mit der Holofiber-Technologie und meint, dass es fast zu gut klingt, um wahr zu sein. Man wundert sich, warum Kleidung, die gut für Sportler und Diabetes-Patienten sein sollen, solche Ladenhüter bleiben, obwohl sie seit Jahren am Markt sind. Ein Grund könnte der hohe Preis sein, weshalb höchstens Hersteller im hochpreisigen Segment Holofiber in ihre Produkte einbauen würden. Beim Marketing weiß man nicht so recht, ob man es in erster Linie an Sportler oder Diabetes-Patienten vermarkten soll. Die American Diabetes Association, der oft vielversprechende Produkte vorgestellt werden, ist nicht überzeugt und auch der Autor einer medizinischen Pilotstudie gibt zu, dass er nicht weiß, wie das Produkt wirken soll. Sportler wären zwar leichter zu überzeugen, doch der Weg vom Sportmarkt in den medizinischen Markt ist schwieriger als andersrum. Der Erfinder bleibt dennoch optimistisch: Auch er wollte anfangs nicht glauben, dass mit einer Akupunkturbehandlung an der Hand sein Augenleiden geheilt werden konnte. Aber schlussendlich sei Akupunktur heute akzeptiert – und er ist überzeugt, dass es bei Holofiber auch so sein wird.

Ein weiteres Produkt namens FIR-TEX wirbt mit demselben pseudowissenschaftlichen Bullshit.