Monat: März 2015

Scharlatanerie für den guten Zweck

An Network-Marketing-Firmen, die uns überteuerte Nahrungsergänzungsmittel andrehen wollen, haben wir uns längst gewöhnt. Dass diese uns mit Desinformation über die Schulmedizin versorgen, um Zweifel am Establishment zu säen, sodass wir die Notwendigkeit für ihre Gesundheitsprodukte erkennen, ist auch nichts Neues. Selbst über Ärzte, die öffentlich für Quacksalberei eintreten, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen, wundern wir uns nicht mehr. Dass das alles jedoch als Benefizveranstaltung für ein Kinderhilfsprojekt ausgegeben wird, zeugt schon von besonderer Dreistigkeit.

Kürzlich habe von einem Gesundheitstag erfahren, bei dem Ärzte skurrile Vorträge zu pseudomedizinischen Gesundheitsthemen hielten. Neben dem bekannten Impfgegner Johann Loibner trat der ungarische Tierarzt David Tamas auf, um sein alternatives Krebsheilmittel CoD (Claw of Dragon) zu vermarkten. Weiters sprach der Mentalcoach Harry Gruber, der des öfteren für den Veranstalter Synergy Seminare hält. Diese Network-Marketing-Firma vertreibt Nahrungsergänzungsmittel über ein MLM-System. Als Veranstalter traten Franz Friess und Ana Vajda-Friess in Erscheinung, die als Synergy-Vertreter tätig sind und dabei von ihrem Upline-Berater Robert Suppan geworben wurden.

Dieselbe Vortragsreihe fand zuvor schon an anderen Orten statt. Angekündigt wurden diese Veranstaltungen als Benefizveranstaltung für ein Kinderhilfsprojekt. Sämtliche Einnahmen (Eintritt 45 €, Vorverkauf 30 €) sollten dem Kinderhilfsverein „Lachende Kinderaugen Neudau“ oder „Leuchtende Kinderaugen Neudau“ zu Gute kommen – über die genaue Bezeichnung waren sie sich nicht einig.

Diese Benefizveranstaltung dient einem wirklich guten Zweck! Alle Beteiligten, Ärzte, Sprecher, der Veranstaltungsort, die Druckerei, alle verzichten auf die Honorare, Gehälter und Mietkosten. Sämtliche Einnahmen dieser Veranstaltung kommen zur Gänze dem Kinderhilfsprojekt „Lachende Kinderaugen Neudau“ zu Gute.

Ich habe mich gewundert, dass ich über die Aktivitäten dieses Verein keine Informationen im Internet finden konnte. Ein Verein, der auf Spenden angewiesen ist, sollte doch im eigenen Interesse Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Tu Gutes und rede darüber! Doch abseits der beworbenen Gesundheitstage findet sich keine Erwähnung dieses Vereins.

Das Zentrale Vereinsregister des Bundesministeriums für Inneres konnte schließlich meine Zweifel zerstreuen – der Verein existiert tatsächlich! Ein Blick auf den Vereinsvorstand liefert sogar bekannte Namen: Obmann Franz Friess, Obmann-Stellvertreter Robert Suppan, Kassierin Ana Vajda-Friess und Kassier-Stellvertreter Harald Gruber. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Kryolipolyse: eiskalt erwischt

Schnell abnehmen, mit möglichst wenig Anstrengung und ohne sich beim Essen einschränken zu müssen, danach sehnen sich viele. Diesem Wunsch kommen viele Anbieter nach und versprechen sensationelle Erfolge bei der Gewichtsreduktion und Behandlung von Problemzonen. Kryolipolyse heißt eine neue Schlankheitskur, die Speckröllchen durch eine Kältebehandlung wegzuzaubern soll. Eine Google-Suche kommt auf 174.000 Treffer für diesen Suchbegriff.

Warum kompliziert wenn’s einfach auch geht? Statt Hüftgold und Bauchfett mittels anstrengender Fitnessübungen und gesunder Ernährung zu Leibe zu rücken, soll eine einfache Kältebehandlung dem Körper ästhetischere Formen verleihen. „Cryolipolyse“ – also Fettauflösung durch Kälte – nennen das kommerzielle Anbieter dieser Methode.

Durch die nicht-invasive Kältebehandlung werden die kälteempfindlichen Fettzellen geschädigt und im Laufe eines Entzündungsprozesses abgebaut. Nach 4 Monaten soll sich das Behandlungsergebnis zeigen. Die Behandlung erfolgt zwar nicht-invasiv, dennoch können Nebenwirkungen wie Schmerzen, Rötungen und Taubheitsgefühle auftreten. Die abgestorbenen Fettzellen können Leber- und Blutfettwerte ungünstig beeinflussen.

Medizin-Transparent hat die Wirksamkeit dieser Methode unter die Lupe genommen und kommt zu dem Schluss, dass die veröffentlichten Studien äußerst mangelhaft sind und keine Aussage zulassen, ob Cryolipolyse eine merkbare Körperfettreduktion bewirkt. Kritisiert wird, dass die Behandlung nicht mit einer Kontrollgruppe verglichen wurde. Die Autoren dreier Studien haben nur Vorher-Nachher-Vergleiche anhand von Fotos oder Bestimmung der Dicke der Fettschicht durchgeführt. Das ist problematisch, da sich so nicht feststellen lässt, ob die Effekte durch die Kältebehandlung oder (auch) durch Ernährungsumstellung und Sport eingetreten sind.

Die Kleine Zeitung wagte einen Selbstversuch in einem Schönheitsstudio. Diese Behandlung baute auf drei Säulen auf: Kältebehandlung, Ernährungsumstellung und Bewegung. Auch hier kommt man trotz reduziertem Bauchumfang zum Schluss:

Wie groß der Anteil der jeweiligen Komponenten ist, lässt sich nur erahnen.

Mit Inseraten einer Studiokette wird derzeit in Regionalmedien für eine „Bundesweite Studie: Fett wegfrieren“ geworben, welche „dauerhaftes Fatburning mit Lipo-Freezer“, eine Marktneuheit, untersuchen will. Neben der Kältebehandlung steht hier ebenfalls körperliche Bewegung und ein Ernährungsleitfaden am Programm, sodass diese Werbeaktion eher dem Marketing als dem Wissenszuwachs dient.

Die Studien scheinen zwar die Wirksamkeit der Kryolipolyse zu bestätigen, doch auch die Autoren geben zu, dass sie am besten bei schlanken Personen mit geringen lokalen Problemstellen wirkt. Übergewichtige Personen wurden aus den Studien von vornherein ausgeschlossen.

In der Studie von Coleman et al. zeigte sich, dass manche Probanden trotz einer Verringerung der Fettschicht insgesamt an Körpergewicht zulegten, wie im Blog Verbatio kommentiert wurde. Eine Reduktion der Fettpölster ist zwar mit gutem Auge sichtbar, fällt aber sehr bescheiden aus.

before-and-after

Vorher-Nachher-Vergleich (4 Monate) aus der Studie von Coleman et at.

Bei einer Behandlung ist mit Gesamtkosten von etwa 3.000 € zu rechnen. Wer dieses Kleingeld nicht hat, ist mit Sport und gesunder Ernährung vermutlich besser beraten und wird damit ohnehin größere Erfolge erzielen. Kryolipolyse ist leider keine Wunderkur für überschüssiges Fett, die erzielten Effekte sind sehr bescheiden. Um Speckröllchen loszuwerden, führt an einer verbesserten Energiebilanz mit gesunder Ernährung und körperlicher Betätigung wohl kein Weg vorbei.

Skeptiker-Lyrik

In diesem Beitrag sammle ich witzige Gedichte rund um Skeptiker-Themen. Den Anfang machen Homöopathie und Astrologie. Für weitere Zusendungen und Hinweise wäre ich sehr dankbar!

Eugen Roth (Quelle)

Es lehrt uns Hahnemann, er habe
die größte Wirkung kleinster Gabe.
Und mancher Arzt hält das für wahr,
wenns nicht betrifft sein Honorar

Eugen Roth: Der Wunderdoktor (Quelle)

Berühmt zu werden, liegt an dem:
Du musst begründen ein System !
Such was Verrücktes und erkläre,
dass alles Heil im Kuhmist wäre,
dem, auf die Wunde warm gestrichen,
noch jede Krankheit sei gewichen
und den, nachweislich, die Azteken
geführt in ihren Apotheken …
Hält man dich auch für einen Narren,
du musst nur eisern drauf beharren,
dann fangen immer einige an,
zu glauben, es sei doch was dran,
und du gewinnst dir viele Jünger,
die deine Losung:“Kraft durch Dünger!“
streng wissenschaftlich unterbauen
und weiterkünden voll Vertrauen.

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Die Milchlüge im ORF

Gestern wurde auf ORF III im Rahmen des Themenmontags die umstrittene Dokumentation „Die Milchlüge“ gesendet. In der Programmvorschau heißt es:

Filmemacher Mirko Tomic fragt In seiner Dokumentation, wie gesund der Konsum von Rohmilchprodukten wirklich ist. Denn Milch als Grundnahrungsmittel, insbesondere für Erwachsene, ist in der Wissenschaft nicht unumstritten. Kritische Stimmen bringen erhöhten Milchkonsum mit Krankheiten wie Neurodermitis, Asthma oder Diabetes in Verbindung.

Das freut zwar die Anhänger des veganen Lebensstils, ändert aber nichts daran, dass es sich um pseudowissenschaftlichen Unfug handelt. Psiram klärt auf und versucht mit Fakten gegenzuhalten:

Die Milchlüge ist eine Verschwörungstheorie, nach der Kuhmilch nicht gesund, sondern sogar schädlich für den Menschen sei. Entsprechende Theorien finden sich manchmal in Aussagen von wenigen Tierrechtlern, aber auch bei Anhängern einer veganen Ernährung. Dann ist meist von einem „Mythos Milch“ die Rede.

Quelle: wikimedia.org

Auch der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer will sich den Genuss nicht verderben lassen und nimmt die vorgetäuschte Gefahr auf seine polemische Art unter die Lupe:

Könnte die Milch all die Anschuldigungen auch hören, die derzeit von Ernährungsexperten und Ärzten gegen sie vorgebracht werden, würde sie vermutlich schon im Euter sauer.

Immer unverhohlener wird dem Milchtrinker mit Krankheiten aller Art und Tod gedroht. Experten präsentieren auf Youtube Grafiken, in denen man Länder mit wenig Brustkrebs und wenig Milch sieht und solche mit viel Milch und viel Krebs. Natürlich sind dort, wo die Bevölkerung in Armut lebt und die Kindersterblichkeit hoch ist, Alterskrankheiten wie Krebs oder Diabetes entsprechend seltener als dort wo sich jeder Emmentaler, Diätjoghurt und Butter satt leisten kann. Das ist einer der dämlichsten Propagandatricks, aber er schindet beim ernährungsverstörten Internetproletariat Eindruck.

Schwarzes Gold

Das Trendgetränk blk (Kurzform für black) aus den USA versucht nun auch in Europa Fuß zu fassen. Heute und 20 Minuten berichteten über die geplante Markteinführung. Das Designerwasser hebt sich von der Konkurrenz durch die schwarze Farbe ab, ist aber dennoch geschmacksneutral. Beworben wird das Getränk, das 4,90 Euro pro halbem Liter kosten wird, mit vielen gesundheitlichen Versprechungen. So soll es dem Körper wichtige Elektrolyte zuführen und den pH-Wert im Blut regulieren, um einer Übersäuerung entgegenzuwirken. Dem ist entgegenzuhalten, dass es Elektrolyte auch im Leitungswasser gibt und Mineralstoffe ausreichend über die Nahrung aufgenommen werden. Das Konzept der Übersäuerung gehört ins Reich der Pseudowissenschaft, für einen ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt sorgen körpereigene Regelmechanismen.

So schreibt etwa die Ärztin und Ernährungsspezialistin Christine Gerbstadt im Magazin «Self», dass Fulvinsäure für Menschen «nicht nötig» sei: «Die Zugabe dieser Säuren erhöht die Ernährungsvorteile des Wassers in keiner Weise». Die Genfer Ernährungsberaterin Maaike Kruseman sieht das genauso und fügt im «Le Matin» an: «Elektrolyte? Die gibt es auch im Leitungswasser.» Einzig die Ernährungsspezialistin Magali Volery kann dem Getränk in der Zeitung etwas Positives abgewinnen: «Wenn Süssgetränk-Liebhaber auf Wasser umsteigen – auch auf schwarzes –, dann ist das ein Fortschritt.»

Die schwarze Farbe kommt von den zugefügten Fulvosäuren (auch Fulvinsäuren, fulvic acid). Laut Hersteller sind diese „reich an Mineralien und lebensspendenden Nährstoffen“, und „entscheidend für das Wachstum allen pflanzlichen und tierischen Lebens“. Sie entstehen beim Abbau von organischem Material und sind somit Bestandteile des Humusbodens. Fulvosäuren werden gerne in der Alternativmedizin vermarktet, wissenschaftliche Belege für die behaupteten medizinischen Wirkungen gibt es freilich keine.

Bildquelle: feeldesain.com

Gesundheitliche Versprechen werden auch in Form von Anekdoten gemacht. So wird die Geschichte der Erfinder des Getränks erzählt, deren Mutter an Krebs erkrankt war. Auf der Suche nach einer alternativmedizinischen Behandlung gaben sie ihrer Mutter nach einer Chemotherapie Fulvosäure mit Wasser zu trinken. Sie fühlte sich besser und war bald genesen, sodass mit der Vermarktung des schwarzen Getränks begonnen werden konnte. Auf diese Weise wird das Getränk mit der Heilung von Krebs in Verbindung gebracht, auch wenn nicht direkt eine solche Behauptung aufgestellt wird.

Wer mehr wissen will, dem empfehle ich den ausführlichen englischsprachigen Artikel vom Committee for Skeptical Inquiry: Black(water) Market: Digging Up the Dirt about Slick Designer Beverages.