Homöopathie

Talk im Hangar-7 über Alternativmedizin

Über das Thema „Alternativmedizin: Heilmittel oder Hokuspokus?“ diskutierten gestern beim Talk im Hangar-7 auf ServusTV der Quantenphysiker Florian Aigner, der Pharmazeut Edmund Berndt und die Psychologin Ulrike Schiesser mit den Homöopathen Michael Frass und Evemarie Wolkenstein sowie Pharmavertreter Robin Rumler.

Von TV-Diskussionen über Homöopathie erwarte ich mir an sich ja keinen großartigen Informationsgewinn. Man kennt die Teilnehmer und deren Argumente, die allesamt bereits anderswo in ähnlicher Form angeführt wurden, und am Ende fühlen sich sowohl die Befürworter als auch die Gegner in ihrer Meinung bestätigt. Ich habe mir die Sendung trotzdem angesehen, denn im Vorfeld wurden in diese Runde ob der starken Präsenz der Skeptiker hohe Erwartungen gesetzt.

Glaubt man den Kommentaren in der Facebook-Gruppe Wissenschaft und Skeptizismus, hätte es nicht besser laufen können. Man liest, dass sich die Homöopathen selbst widersprechen, unbelegte Behauptungen aufstellen und keine guten Argumente haben. Nur ein User merkt an, dass sie leider dennoch die besseren Argumente hätten: „Billige, populistische, unlogische Argumente, die von der Masse sofort geschluckt werden.“

Auch andere Skeptiker waren nicht sehr begeistert:

Bei einer solchen Diskussion sieht es zwar so aus, als ob Befürworter und Gegner am Podium miteinander diskutieren würden. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es nicht nur zwei Parteien gibt, sondern auch noch eine dritte beteiligt ist: die Zuseher vor den Bildschirmen, die sich ihre Meinung bilden möchten. Genau diese Unentschlossenen sind die Zielgruppe unserer Öffentlichkeitsarbeit als Skeptiker. Diesen Personen sollte bei TV-Diskussionen unsere ganze Aufmerksamkeit zukommen. (Die Hoffnung, in einer TV-Sendung einen Homöopathen bekehren zu können, sollten wir uns ohnehin nicht machen.)

Politiker sind darin geschult, Fragen von Journalisten nicht zu beantworten, sondern möglichst elegant zu umschiffen und die eigene Botschaft durchzubringen. Auch Alternativmediziner verstehen dieses Spiel ganz gut. Ich habe versucht, mir die Diskussion mit den Augen eines unbeteiligten Zusehers anzusehen, und überlegt, wie sie wohl aus dieser neutralen Perspektive gewirkt hat. Im Folgenden möchte ich anführen, warum die Skeptiker trotz schlüssigerer Argumente nicht bei allen Zusehern punkten konnten.

  • Ich sehe grundsätzlich einen Nachteil darin, dass am Podium Mediziner die Homöopathie verteidigen, während als Gegner nur Vertreter anderer Fachrichtungen auftreten. Patienten werden eher einem erfahrenen Arzt vertrauen als Wissenschaftlern, die sich nur mit grauer Theorie und kalten Zahlen beschäftigen. (Laut der Initiative für wissenschaftliche Medizin gäbe es doch genügend Ärzte, die sich gegen Scheinmedizin einsetzen.) Die Diskussion darf nicht zu einem Duell zwischen Medizin und Naturwissenschaften verkommen. Auf die „guten Erfahrungen“ mit der Homöopathie sollte man auch noch näher eingehen. Man muss klarmachen, dass Homöopathen nicht deshalb eine Wirksamkeit der Homöopathie feststellen, weil sie feinfühliger sind, sondern auch dann beeindruckende Fortschritte bei ihren Patienten erkennen, wenn man ihnen die homöopathischen Präparate heimlich durch leere Zuckerkügelchen ersetzt.
  • Edmund Berndts Ausführungen über seine persönliche Fehde mit Professor Frass müssen auf jemanden, der die Vorgeschichte nicht kennt, befremdlich wirken. (Der Moderator hat an dieser Stelle richtigerweise eingegriffen, in einer Forumsdiskussion des Kurier findet man mehr Details dazu.) Auch sein aufgeladener Monolog über die zweifelhafte Geschichte der Homöopathie wird nicht viele überzeugt haben. Wir sollten uns nicht eine rein wissenschaftliche, sondern stärker patientenorientierte Argumentation aneignen. Wir sollten nicht verbissen gegen die unhaltbare Theorie der Homöopathie wettern, sondern zeigen, dass wir uns für eine gute medizinische Behandlung einsetzen. Angebrachte Kritik nicht nur an der Alternativmedizin, sondern auch an Missständen im Gesundheitssystem und gewissen Machenschaften der Pharmaindustrie würde unsere Glaubwürdigkeit unterstreichen.
  • Leider zählen bei einer Diskussion oft weniger die präsentierten Fakten als reine Sympathie. Alternativmediziner sind auch deshalb so erfolgreich, weil sie Ruhe ausstrahlen und rhetorisch geschickte Redner sind, denen man gerne zuhört. Edmund Berndt ist sich im Klaren, dass er trotz umfangreichen Fachwissens nicht überzeugen kann, und meint auf die Frage, was er von Homöopathen lernen könne, ganz einfach: Charisma.
  • Ich finde es wichtig, dass man den Menschen, die der Homöopathie positiv gegenüberstehen, nicht das Gefühl gibt, dass sie blöd sind, wenn sie daran glauben. Das hören mündige Menschen gar nicht gerne! Einen wertvollen Beitrag dazu hat die Psychologin Ulrike Schiesser geliefert, indem sie erklärt hat, warum die Alternativmedizin ein höchst menschliches Bedürfnis nach Zuwendung befriedigt und wieso wir dazu neigen, derartigen Methoden eine positive Wirkung zuzusprechen.

Bei Fernsehdiskussionen bleibt ein Dilemma: Versuchen wir faktenbasiert mit Argumenten zu punkten, verlieren wir die Diskussion an die sympathischen Homöopathen. Greifen wir zu den gleichen populistischen Mitteln wie diese, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit. Es gilt, einen Mittelweg zu finden. Um zu einem versöhnlichen Abschluss zu kommen, schließe ich mich einem weiteren Tweet von Florian Freistetter an:

Wie man sachlich diskutieren kann, hat ja Florian Aigner sehr gut gezeigt.

Christlicher Glaube und Homöopathie

Es mutet wie Selbstironie an: Die katholische Kirche warnt vor der Ausbeutung der Gutgläubigkeit und verurteilt alternative Heilmethoden als Magie. Die Anrufung höherer Mächte sei mit dem christlichen Glauben unvereinbar. Das Bistum Augsburg verweist etwa auf wissenschaftliche Studien, die der Akupunktur nur eine Placebowirkung zuschreiben, und führt abzulehnende Methoden der Alternativmedizin an:

In dem Dokument des Päpstlichen Rates für die Kultur und des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog, „Jesus Christus – Bringer des Wassers des Lebens“ zum Thema New Age v. 03.02.2003, wird ein Vorbehalt gegenüber Akupunktur, Biofeedback, Chiropraxie, Kinesiologie, Homöopathie, Irisdiagnose, Ergonomie, Feldenkraismethode, Reflexzonenmassage, Rolfing, Polaritätsmassage, therapeutisches Berühren, Visualisation, Ernährungstherapien, Heilung durch Kristalle, Reinkarnationstherapie usw. ausgesprochen (Nr. 2.2.3), da sie zum esoterischen Hintergrund von New Age gehören.

Eine homöopathische Behandlung sei für überzeugte Christen nicht empfehlenswert. Statistische Daten würden gegen die Wirksamkeit der Homöopathie sprechen, sodass es sich offensichtlich um Betrug handle. Der christliche Gegner der Homöopathie, Eckart Haase meint:

Heilung gibt es entweder durch die Gabe realer Wirkstoffe oder durch übernatürliche göttliche Heilung. Die Homöopathie verspricht ebenso eine übernatürliche Heilung. Sie steht daher in direkter Konkurrenz zum christlichen Glauben. Es geht hier in der Tat um eine Entscheidung: Wem vertraue ich? (…) Die Homöopathie ist mit dem christlichen Glauben daher absolut unvereinbar.

Er gesteht, dass sowohl die Homöopathie als auch die Religion auf unhinterfragten Glaubensannahmen beruhen. Ein christlicher Heilpraktiker bewertet eine lange Liste an Naturheilverfahren aus biblischer Sicht. Er findet oftmals esoterisches Gedankengut und rät von Hokuspokus, in welchem er eine Masche des Teufels sieht, ab. Er erklärt auch, warum solche Methoden zu wirken scheinen: Die Zeit arbeite für den Therapeuten, über den Wohlfühleffekt komme es zu einer momentanen Verbesserung, und auch Suggestion und der Placeboeffekt seien nicht zu unterschätzen.

Doch längst nicht alle Christen sind so vernünftig und lehnen die Homöopathie ab. Der Bund katholischer Ärzte widerspricht und sieht darin eine hilfreiche, seriöse Therapie. Dr. Gero Winkelmann wendet Homöopathie zur Behandlung von Homosexualität und Pädophilie an und empfiehlt sie auch Geistlichen, die sexuellen Missbrauch betreiben!! Auch eine Vergewaltigung könne damit behandelt werden. (Die Entstehung menschlichen Lebens dürfe nicht verhindert werden, da Gott der Schöpfer dieses Kindes sei.)

Florian Freistetter und Cornelius Courts haben sich mit dem absurden Vorhaben katholischer Ärzte, Homosexualität homöopathisch zu behandeln, bereits ausführlich befasst. Florian fordert:

Warum können sich die Kirchen nicht aus dem Sexleben der Menschen raus halten? Warum können sie sich nicht überhaupt aus dem Leben der Menschen raus halten die mit ihrer Religion nichts am Hut haben? Religion ist Privatsache – lasst den Rest der Welt damit zufrieden.

Skeptiker-Lyrik

In diesem Beitrag sammle ich witzige Gedichte rund um Skeptiker-Themen. Den Anfang machen Homöopathie und Astrologie. Für weitere Zusendungen und Hinweise wäre ich sehr dankbar!

Eugen Roth (Quelle)

Es lehrt uns Hahnemann, er habe
die größte Wirkung kleinster Gabe.
Und mancher Arzt hält das für wahr,
wenns nicht betrifft sein Honorar

Eugen Roth: Der Wunderdoktor (Quelle)

Berühmt zu werden, liegt an dem:
Du musst begründen ein System !
Such was Verrücktes und erkläre,
dass alles Heil im Kuhmist wäre,
dem, auf die Wunde warm gestrichen,
noch jede Krankheit sei gewichen
und den, nachweislich, die Azteken
geführt in ihren Apotheken …
Hält man dich auch für einen Narren,
du musst nur eisern drauf beharren,
dann fangen immer einige an,
zu glauben, es sei doch was dran,
und du gewinnst dir viele Jünger,
die deine Losung:“Kraft durch Dünger!“
streng wissenschaftlich unterbauen
und weiterkünden voll Vertrauen.

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Der Begriff „Schulmedizin“

Es herrscht Begriffsverwirrung rund um die Medizin. Zur Abgrenzung von der (alternativen | traditionellen | komplementären) Medizin wird für die (konventionelle | akademische | wissenschaftliche) Medizin gerne der Begriff „Schulmedizin“ verwendet. Ganz unabhängig davon, welche Begriffe wir verwenden: es gibt Medizin, die wirkt, und Medizin, die nicht wirkt.

Das Wort Schule ist an sich ein neutraler Begriff, der sich von den medzinischen Ausbildungsstätten ableitet. Die Bedeutung von „Schulmedizin“ wurde aber immer mehr negativ besetzt. Homöopathen verwendeten den Begriff gezielt, um die damaligen Therapiekonzepte abzuwerten. Auch im Deutschland des Nationalsozialismus sprach man von der „verjudeten Schulmedizin“ und propagierte die Neue Deutsche Heilkunde.

Dass die im 19. Jahrhundert an Hochschulen gelehrten Therapien mit Aderlass, Brech- und Abführmittel mehr schadeten als nutzten, ist tatsächlich belegt. Eine wirkungslose Therapie bzw. reine Flüssigkeitszufuhr stand damals natürlich besser da als eine, die den Patienten schadet, wie in Beweisaufnahme Homöopathie beschrieben wurde. Doch mittlerweile hat sich viel getan.

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Punktgenaue Werbung

Jetzt in der Erkältungszeit finden wir wieder vermehrt Werbung für allerlei Produkte aus der Apotheke, die uns durch den Winter begleiten sollen. Vor zwei Jahren sorgte die Dr. Peithner KG mit ihrer Radiowerbung für Aufregung:

Achtung, bei der Anwendung von Homöopathie wurden punktgenaue und beeindruckende Wirkungen festgestellt und das bei unterschiedlichen Erkrankungen von Frauen, Männern und Kindern. Aber wir wollen auch die Nachteile aufzählen: [Stille]. Dr. Peithner KG. Homöopathie auf den Punkt gebracht.

Die „beeindruckenden Wirkungen“ sind natürlich rein subjektiv zu verstehen. Die Studienlage zeigt, dass Homöopathie keine Wirkung hat, die über ein Placebo hinausgeht. Ich empfehle dazu den Blog Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie, in dem wissenschaftliche Studien und Aussagen über die Homöopathie akribisch durchleuchtet werden.

Beschwerden wurden eingebracht

Der Radiospot führte zu Beschwerden mit Verweis auf das österreichische Arzneimittelgesetz, das laut §51 Abs. (1) Ziffer 3 Laienwerbung für homöopathische Arzneispezialitäten ausdrücklich verbietet.

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Lachen ist die beste Medizin

Eigentlich sollte uns nach den Berichten um die Ebola-Mission der Homöopathen ja nicht gerade zum Lachen zumute sein. Ein Team von Homöopathen wollte in Westafrika Ebola mittels Globuli kurieren. Die Erfahrung zeige, dass man mit einer homöopathischen Behandlung die Sterblichkeit senken könne, so der Deutsche Zentralverband homöopathischer Ärzte. Norbert Aust geht dieser Aussage in seinem Blog nach und erklärt, dass das nur für das 19. Jahrhundert zutrifft, als der Aderlass die Standardtherapie war. Im Gegensatz zur Homöopathie hat die Medizin aber große Fortschritte gemacht. Der Onkologe David Gorski warnt:

Die echte Medizin schafft es, vielleicht jeden zweiten Patienten zu retten. Wie wir wissen, führt eine unbehandelte Ebola-Erkrankung bei neun von zehn Infizierten zum Tod. Jeder Ebola-Patient, der auf Homöopathie hereinfällt, erhöht seine Chance, zu sterben, also von 50 auf 90 Prozent. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

Vice findet die Aktion einfach lächerlich:

Die Vorstellung von einer Gruppe Ärzte, die mit Koffern voll verdünntem Schlangengift durch Westafrika tingelt, hat schon gewisse humoristische Qualitäten.

Wie können wir diese Komiker heilen? Wir müssen Ähnliches mit Ähnlichem bekämpfen: Humor. Darum gibts hier eine Sammlung der besten Homöopathie-Cartoons. Lachen ist schließlich die beste Medizin!

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Eso-Gesundheitsministerin

Nein, in diesem Beitrag geht es nicht (nur) um Barbara Steffens, die deutsche Gesundheitsministerin, die für das Goldene Brett 2014 nominiert war. Diese Person steht ja in der Kritik der Wissenschaft, da sie Alternativmedizin, deren Wirksamkeit über den Placebo-Effekt nicht hinausgeht, an Universitäten etablieren will.

Die Gesundheitsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen ist eine deklarierte Anhängerin von Alternativmedizin – damit ist sie nicht alleine. Besonders problematisch ist allerdings, dass sie als Politikerin die Alternativmedizin auch an Universitäten verankern will. Außerdem ist sie der Meinung, dass Alternativmedizin nicht nach den üblichen wissenschaftlichen Wirksamkeitskriterien beurteilt werden kann – eine Sichtweise, die jeden rationalen Diskurs über Alternativmedizin unmöglich macht.

Auch Österreich hätte beinahe eine Eso-Gesundheitsministerin abbekommen. Der österreichischen Fernsehmoderatorin Vera Russwurm wurde nämlich im Jahr 2008 das Amt der Gesundheitsministerin angeboten – sie lehnte jedoch ab. Vera Russwurm hat Medizin studiert und setzt sich im Blog fisch+fleisch für Homöopathie und Traditionelle Chinesische Medizin ein:

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