Muskellesen? Von wegen!

Marko Kovic, der Präsident der Skeptiker Schweiz, hat sich als Versuchskaninchen für ein Experiment des „Tagesanzeigers“ zur Verfügung gestellt. In dem Videobeitrag gibt der „Mentalmagier“ Pat Perry vor, ein von Kovic gezeichnetes Symbol zu erraten. Perry betont, dass er keine Gedanken lesen könne, sondern lediglich unbewusste Muskelbewegungen des Skeptikers wahrnehme. Dazu müsse die Versuchsperson nur den Unterarm des Magiers halten und dabei an das Symbol denken. Auf Kovic macht das einen seriösen Eindruck – für ihn ist damit gezeigt, dass angebliche Gedankenleser keine übernatürlichen Fähigkeiten besitzen, sondern einfach eine gute Wahrnehmung haben.

„Perry könne nicht Gedanken lesen, aber die Signale und Impulse, welche sein Gegenüber unbewusst aussendet, sei es mit Mimik, Gebärden oder beim Muskellesen mit unbewussten Druck- und Zugbewegungen. Perry nehme diese Signale wahr und verarbeite sie zu einem Modell, ist Kovic überzeugt. Der Mentalmagier habe offenbar sehr gute Menschenkenntnisse, er habe eine ausserordentliche situative Wahrnehmung und grosse Ahnung von Psychologie.“

Auch die GWUP übernimmt die Erklärung des Magiers widerspruchslos und berichtet unter dem Titel „Skeptiker testet Gedankenleser“ von einem „verblüffenden Ergebnis“:

„Bei dem hier vorgeführten Trick reagiert der Zauberkünstler offenbar auf leichte Muskelimpulse von Kovic, in der Psychologie als Carpenter-Effekt bekannt. Was er als Mentalmagier mache, so Perry, sei nichts Übernatürliches, sondern ein Mix aus vielen Techniken wie aus (Bühnen-)Zauberkunst, Psychologie und Menschkenntnis.“

Hat man sich hier vorschnell mit der Erklärung des Mentalmagiers begnügt und ihm Fähigkeiten angedichtet, die er für diesen Trick gar nicht braucht? Wie eine Videoanalyse zeigt, wurden hier keine Gedankenleser entlarvt, sondern die Skeptiker vorgeführt. Vorneweg: Hut ab vor Marko Kovic, der die Fahne des kritischen Denkens hochhält und sich auf Perry einließ. In der Situation selbst hätte wohl kaum jemand den Trick durchschaut, erst die Videoaufzeichnung bietet eine gute Möglichkeit, dem Zauberkünstler in die Karten zu schauen.

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Lügen, dass sich die Lattenroste biegen

Jeder von uns kennt das Prinzip der „Kaffeefahrten“: Rentner nehmen an einer Verkaufsveranstaltung teil und werden dafür zu Kaffee & Kuchen oder auf ein Mittagessen eingeladen. Die Teilnehmer werden zusätzlich mit Gewinnversprechen oder Geschenken geködert. Meist werden Produkte aus dem Gesundheitsbereich angeboten, die als Weltneuheit präsentiert und mit allerlei psychologischen Tricks überteuert verkauft werden. Verkaufspartys der Firma RudH scheinen ganz ähnlich zu funktionieren – hier mein Erfahrungsbericht.

Die Firma RudH ist ein österreichisches Direktvertriebsunternehmen, das Produkte „rund um den Haushalt“ verkauft. RudH betreibt zwar einen Online-Shop, wo es tatsächlich Haushaltsgeräte zu kaufen gibt, bei den Verkaufspartys liegt der Fokus hingegen auf teuren Gesundheitsprodukten, bei denen die Geldbörse der älteren Teilnehmer viel lockerer sitzt und die Gewinnspanne wohl höher ist.

Kritik vom Konsumentenschutz

Mit Gesundheitsprodukten der Firma RudH hat sich bereits der Konsumentenschutz der Arbeiterkammer beschäftigt, nämlich mit einem dubiosen Magnetfeldstimulationsgerät namens „ePAD“. Die Magnetfeldtherapie ist ein medizinisch wirkungsloses Verfahren, doch das hielt die Berater der Firma RudH nicht davon ab, ihr Produkt mit medizinischen Aussagen über die krankheitslindernde Wirkung zu bewerben. So wurde versprochen, das e-PAD „senke den Blutdrucksenkung, beseitige Durchblutungsstörungen, lasse Wunden und akute Verletzungen schneller heilen, wirke entzündungshemmend“ und so weiter. Mit wissenschaftlich klingenden Begriffen wurden die Kunden in die Irre geführt und ihnen ein wirkungsloses Gerät um 1.270 Euro verkauft. Dass an den medizinischen Wirkungen nichts dran ist, musste auch die Firma RudH zugeben: Sie ruderte zurück und spricht nun von einem „Wellnessprodukt“. Verkauft wird das Gerät aber weiterhin. Einer betrogenen Kundin wurde ein Reisegutschein im Wert von 100 € angeboten. Die Konsumentenberatung rät Kunden, die das Gerät wegen seiner angeblichen krankheitslindernden Wirkung gekauft haben, den vollen Kaufpreis zurückzuverlangen:

„Wenn die Firma RudH auf einmal sagt: Die Wirkung gibt’s gar nicht, kann man den Kaufvertrag anfechten, weil man mit dem Argument der Krankheitslinderung in den Irrtum geführt worden ist.“

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft

Bei den RudH-Verkaufspartys gibt es einen Gastgeber, der Teilnehmer aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis zusammentrommelt, und dafür ein Geschenk erhält, etwa ein Pfannenset. Zusätzlich darf er sich etwas aus einem Katalog bestellen. Die Teilnehmer tragen sich mit ihren persönlichen Daten in einer Liste ein, womit sie gleichzeitig die Zustimmung erteilen, zu Werbezecken kontaktiert zu werden. Jeder Teilnehmer wurde auf ein Essen eingeladen (die Getränke waren selbst zu bezahlen) und erhielt einen 100 € Reisegutschein sowie ein kleines Geschenk. Auch hier schaltete sich vor kurzem der Konsumentenschutz ein: Laut dem Konsumentenmagazin „heute konkret“ könne man diese Reisegutscheine nur auf einer eigenen Seite im Internet einlösen, wo man sich dann erst recht nichts ersparen würde. Auch die versprochenen Geschenke ließen lange auf sich warten, angeblich wegen Lieferschwierigkeiten.

Das Geschäft mit der Angst

Auf der Party wurde ein einziges Produkt vorgestellt: ein Matratzensystem. Die inhaltliche Ausrichtung des Vortrags war schnell klar. Bereits nach 10 Minuten sprach der Berater von allerlei chronischen Erkrankungen, die wir mit der falschen Matratze bekommen würden. Laut einem Werbeprospekt der Firma RudH gibt es fast keine Krankheit, die sich nicht auf eine falsche Matratze zurückführen lässt:

Tinnitus, Migräne, Schwindel, Nebenhöhlen, Augenleiden, Neuralgien, Akne oder Pickel, Gehörverlust, Polypen, Heuschnupfen, Halsschmerzen, Heiserkeit, Steifes Genick, Schulterschmerzen, Mandelentzündung, Erkältungen, Schilddrüsenerkrankungen, Schmerzen in Unterarmen und Händen, Atembeschwerden, Asthma, Funktionellen Herzbeschwerden, Lungenentzündung, Bronchitis, Grippe, Gallenleiden, Gelbsucht, Leberleiden, Fieber, Anämie, Kreislaufschwäche, Magenbeschwerden, Verdauungsstörungen, Geschwüre, Gastritis, Abwehrschwäche, Allergien, Nesselausschläge, Koliken, chronische Müdigkeit, Nieren- und Blasenleiden, Rheumatismus, Blähungen, Verstopfung, Kolitis, Durchfall, Krämpfe, Übersäuerung, Krampfadern, Menstruationsbeschwerden, Impotenz, Fehlgeburten, Blasenleiden, Kniebeschwerden, Schmerzhaftes oder zu häufiges Harnlassen, Ischias, Hexenschuss, Rückenbeschwerden, Geschwollene Knöchel, schwache Beine, Wadenkrämpfe, kalte Füße, Becken- und Hüftgelenkschmerzen, Wirbelsäulenverkrümmungen, Hämorrhoiden, Afterjucken.

Hausstaubmilben werden immer gerne als Verkaufsargument für Matratzen genutzt. Tatsächlich gibt es Menschen, die auf bestimmte Eiweißstoffe in den Ausscheidungen dieser Tiere allergisch reagieren. Anders als der Vortragende uns weismachen wollte, beißen sie uns jedoch nicht und kacken in die offene Wunde, sondern ernähren sich von abgestorbenen Hautzellen, die wir im Bett verlieren. Beim Thema Hausstauballergie wurde auch nicht erwähnt, dass 90% der Bevölkerung gar nicht von der Allergie betroffen sind und Hausstaubmilben für diese Personen harmlos sind. (Anstatt teure Matratzen zu kaufen, können sich die 10% Allergiker auch einfacher mit allergendichten Überzügen, sogenannten Encasings, Abhilfe schaffen.)

Auch mit Hilfe von pseudowissenschaftlichen Aussagen, die auf weitverbreiteten Aberglauben anspielen, wurde Angst vor Krankheiten geschürt. So wurde etwa behauptet, die Matratze schütze aufgrund von eingearbeiteten Carbonfasern vor Elektrosmog, Handystrahlen und Wasseradern – alles Konzepte ohne ernsthaften wissenschaftlichen Hintergrund. Mit dem esoterischen Begriff der Lebensenergie wurde ebenfalls gearbeitet. In Bezug auf Feder- und Daunenkissen wurde behauptet, dass diese aufgrund der elektrostatischen Aufladung Krankheiten und Schmerzen „anziehen“ würden. Auch das lässt sich natürlich unter Aberglauben einordnen:

Manchmal wird dazu geraten, nicht auf Feder- oder Daunenkissen zu schlafen, da diese den Zahnschmerz „ziehen“ sollen, was dem Aberglauben zuzuordnen ist. Die Verstärkung des Zahnschmerzes (Nachtschmerz) ist auf die liegende Position und damit veränderte Blutdrucksituation im Kopfbereich zurückzuführen, womit auch der schmerzauslösende Druck im Pulpencavum des Zahnes erhöht wird

Eine Wunderfaser namens Celliant

Eine große Rolle spielte die Wunderfaser Celliant, die als Produktneuheit beworben wurde. Textilien aus dieser speziellen Faser werden gesundheitsfördernde Wirkungen wie verbesserte Sauerstoffwerte, eine Steigerung des Wohlbefindens und verbesserte sportliche Leistungen nachgesagt. Es gebe kaum einen Spitzensportler, der nicht Celliant-Kleidung tragen würde. Dabei wird behauptet, optisch aktive Partikel aus Mineralien würden mit der Körperwärme interagieren und dem Körper im Schlaf Energie zurückgeben. Dass derartige Versprechen Humbug sind, habe ich bereits in einem eigenen Artikel gezeigt, der sich mit der vermeintlichen Innovation beschäftigt: Mit Gesundheitstextilien blöd aus der Wäsche schauen. Banalitäten werden hier mit wissenschaftlich klingenden Begriffen ausgeschmückt und natürlich ablaufende Prozesse mit dem Produkt in Verbindung gebracht. Es wurde behauptet, eine „Studie“ hätte die Wirkung von Celliant „bewiesen“. Dabei wurde in einem beeindruckenden Vorher-Nachher-Vergleich gezeigt, dass einem Menschen unter einer Celliant-Decke wärmer ist als in einem Eiswürfel-Bad. Wer hätte das gedacht: Eine Bettdecke erhält die Körperwärme!

Wissenschaftlich bewiesen?

Der Verkäufer betonte, er würde nichts verkaufen, für das es keinen wissenschaftlichen Nachweis gebe. Es wurde immer wieder erklärt, dass alles wissenschaftlich bewiesen sei, und auf neueste „wissenschaftliche“ Erkenntnisse verwiesen – meist von einem „Institut“, das auch Wünschelrutengeher ausbildet. Die Bezeichnung Institut soll hier den Anschein wissenschaftlicher Seriösität vermitteln, doch als Institut darf sich jeder bezeichnen, auch ohne Bezug zur Wissenschaft, wie es beim genannten Institut der Fall ist. Meinungen von Einzelpersonen und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate wurden so dargestellt, dass sie die Aussagen der Verkäufers untermauern.

Es wurden auch angebliche wissenschaftliche Erkenntnisse über die Konkurrenz (die ihrerseits mit ähnlichen Gesundheitsversprechen arbeitet) präsentiert: deren Produkte seien gesundheitsschädlich! Matratzenüberzüge mit eingearbeiteten Silberfäden würden nützliche Hautbakterien töten, weiters würde Silberabrieb über die Atemluft in den Körper gelangen und dort die guten Darmbakterien schädigen. Ein deutsches Verbraucherportal klärt auf:

Es gebe derzeit „keine Hinweise darauf, dass Silberteilchen aus dem Matratzenbezug durch Abrieb direkt auf die Haut oder in die Atemluft gelangen würden. Nach dem bisherigen Kenntnisstand ist eine Silber-Ausrüstung wie in der fraglichen Matratze nicht gesundheitlich bedenklich.“

Da jedoch auch kein Nutzen zu erwarten ist, wird wegen der Gefahr einer Resistenzbildung von Mikroorganismen vom massenhaften Einsatz von Silber in Verbraucherprodukten abgeraten. Resistente Keime könnten dann im medizinischen Bereich nicht mehr effektiv mit Silber abgetötet werden.

Psychologische Tricks

Bei der Preisgestaltung wurde stark mit psychologischen Tricks gearbeitet: Zuerst wurde ein hoher Preis (über 3.000 Euro) als Anker genannt, dann hieß es, es gebe nur mehr für kurze Zeit eine Aktion, wo der Lattenrost gratis ist. Auch Vergleiche mit teuren Produkten anderer Anbieter sollten das eigene Produkt billiger erscheinen lassen. Zudem wurde behauptet, nur die Firma RudH könne eine solche Qualität zu diesem Preis bieten, weil man keine Werbung schalte, sondern auf Mundpropaganda setze. (Der Ausdruck Propaganda ist hier wörtlich zu nehmen!) Bei der privaten Besprechung mit den Kundenpaaren gabs dann nochmal einen persönlichen Rabatt, wo sich das eine oder andere Paar schon überreden lässt, mehrere Tausend Euro für 2 Matratzen mit Decke und Polster auszugeben. (Dass sich die zuvor genannten Preise bei Paaren verdoppeln, daran habe ich auch nicht gleich gedacht.) Auch spielerische Elemente wurden eingebaut: Wer gleich gekauft hat, konnte bei einem Spiel Einkaufsgutscheine gewinnen.

Zahlungsbereitschaft bei Matratzen

Den Teilnehmern dieser Werbeveranstaltung war durchaus bewusst, dass der Berater sehr viel gelogen hat. Aber offenbar haben sie sich gedacht: Wenn nur ein Bruchteil von den gemachten Versprechen stimmt, ist das Produkt sein Geld schon wert. Im Nachhinein haben viele Gäste das Angebot nicht als überteuert empfunden, weil ihre bisherigen Matratzenkäufe auch nicht viel billiger waren. Laut Stiftung Warentest liegt das einfach daran, dass die Leute bereit sind, so viel Geld für eine Matratze auszugeben. Dadurch sind die Margen hoch und die Händler verdienen gut. Die Preise in dieser Branche seien häufig willkürlich und haben nichts mit der Qualität der Matratze zu tun. Die beste jemals getestete Matratze kostete 199 Euro. Kunden werden falsche, aber verkaufsfördernde Argumente aufgetischt.

Lassen Sie sich nicht über den Tisch ziehen. Die Matratzenbranche erzählt Werbemärchen, dass sich die Lattenroste biegen. Sie will möglichst teure Schlafstätten verkaufen.

Nicht jede Matratze ist für jeden gleich gut geeignet. Man muss für sich je nach Körperform und Schläfer­typ ausprobieren, ob eine Matratze geeignet ist. Gesundheitsversprechen sollten kritisch hinterfragt werden. Der Einfluss des Lattenrosts wird bei weitem überschätzt, seine wichtigste Funktion ist die Belüftung der Matratze.

Was steckt hinter Move InForm?

Motivierte Fitnesscoaches werben derzeit für den „Move InForm“-Club und die 90-Tage-Body-Challenge. Auf Facebook geben sie Ernährungsempfehlungen und Tipps zum Abnehmen, mit denen man seinem Traumkörper näher kommen soll. Angeboten werden ein kostenloses, persönliches Coaching sowie zugehörige Trainingspläne und Rezeptvorschläge. Was hat es damit auf sich?

Hinter Move InForm steckt das Multi-Level-Marketing-Unternehmen NSA, das unter der Marke „Juice PLUS+“ umstrittene Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminpräparate vertreibt. Bei dieser Vertriebsform versuchen selbstständige Verkäufer im Freundes- und Bekanntenkreis neue Kunden zu gewinnen, die wiederum selbst als Verkäufer tätig werden sollen. Versprochen werden nicht nur gesundheitliche Wirkungen der Kapseln, sondern auch lukrative Verdienstmöglichkeiten für die Verkäufer.

Neben materiellen Anreizen hat die „Verkaufsfamilie“ noch mehr zu bieten: Anerkennung. Bei jährlichen Treffen der Verkäuferinnen und Verkäufer wird gelobt, gewürdigt und geklatscht, was das Zeug hält. Firmeneigene Motivationsvideos zeigen begeisterte fröhliche Menschen. Worte wie „Glück“ und „Unabhängigkeit“ fallen häufig. Juice PLUS+® ist nicht mehr nur ein trockenes Gemüsepulver, sondern wird als Lebensgefühl vermarktet.

Abgesehen davon, dass die Produkte meist unnötig und überteuert sind, stellt sich der Erfolg nur bei wenigen Mitarbeitern an der Spitze der Verkaufspyramide ein. Oft sind die eigenen Verkäufer die besten Kunden, die für Produktpakete, Lizenzgebühren und Werbematerialien bezahlen.

Mit Move InForm und der 90-Tage-Body-Challenge möchte man nun anscheinend eine neue, junge Zielgruppe erschließen. Dabei werden gezielt Jugendliche angesprochen und angebliche Verdienstmöglichkeiten in Aussicht gestellt. Die Rekrutierer prahlen gerne mit einem luxuriösen Lebensstil, sie zeigen sich etwa mit protzigen Autos und auf Reisen.

Mein 17-jähriger Sohn wurde am Wochenende von einem Rekrutierer angeschrieben, ob er als Fitness Coach ‚Move Inform‘ für ihn tätig werden möchte. (…) Mein Sohn wurde bereits einer Gehirnwäsche unterzogen. Er glaubt die leeren Versprechungen in kurzer Zeit reich zu werden, ohne viel dafür tun zu müssen.

Mit Bildern von gesunden Nahrungsmitteln und sportlichen Körpern will man ein erstes Interesse für Fitness und Gesundheit wecken. Egal ob man 5 Kilo abnehmen, Muskelmasse aufbauen oder sich einfach vitaler fühlen möchte, für jede Zielgruppe ist etwas passendes dabei. Interessenten sollen dann aber nicht nur 90 Tage lang die Vitamine, Shakes und Riegel kaufen, sondern auch neue Teilnehmer für das Konzept begeistern. Dazu nennen sie sich selbst einfach Fitnesscoach, denn dieser Begriff ist nicht geschützt, wirkt aber professionell. (Manche machen zusätzlich einen kostenpflichtigen Online-Kurs und dürfen sich als Fitnesstrainer bezeichnen.) Die Texte, mit denen man einst angelockt wurde, soll man nun selbst auf Social-Media-Plattformen teilen. Das unehrliche Fitness-Konzept auf den Punkt gebracht:

Mangelhafte Konzepte werden von unqualifizierten Personen an motivierte aber unwissende Menschen heran getragen – Nicht um zu helfen, sondern um damit Geld zu verdienen

Die verschwundene Frau

Eine Frau, die während eines Interviews auf angeblich mysteriöse Weise aus dem Bild verschwindet, beschäftigt derzeit die Netzgemeinde. Auf Imgur hat das Video bereits 12 Millionen Views. Viele Medien sprangen auf den Zug auf und nutzten die Bilder, um User auf ihre Seiten zu locken.

Dass das Ganze nur eine Sache der Perspektive ist und die Frau einfach von der anderen Frau, die mit ihrem Gepäckwagen durchs Bild fährt, verdeckt wird, kann man in den Bildern leicht erkennen. Man sieht, wie sich die verschwindende Frau (Bild 1) in die Richtung der vorbeigehenden Frau dreht (Bild 2). Ihre Fuße tauchen zwischen den Beinen (Bild 3) und hinter der Passantin (Bild 4) auf.

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Wer mit dem Mysterium um die verschwundenen Frau fertig ist, kann sich ja nun darüber den Kopf zerbrechen:

Urlaubsplanung im Einklang mit dem Mond

Viele Mythen ranken sich um die Einflüsse der Mondphasen auf den Menschen. Mondkalender erfreuen sich äußerster Beliebtheit, etwa als Weihnachtsgeschenk, und bringen mit einfachen Anweisungen Ordnung ins Leben, vor allem in Bezug auf stereotypisch weibliche Hausarbeit. Der Mond wird aber auch mit Geburten, Gewaltverbrechen oder Verkehrsunfällen in Verbindung gebracht. Unzählige Studien haben gezeigt, dass keine dieser im Volksglauben vermuteten Zusammenhänge bestehen. Derartige Effekte wären auch ziemlich unplausibel. Der Mond ändert sich in den unterschiedlichen Mondphasen ja nicht, er wird nur von unterschiedlichen Seiten beleuchtet. Doch sind Ebbe und Flut nicht beeindruckende Beweise für die Kraft des Mondes? Nun ja, Mond und Erde üben tatsächlich Anziehung aufeinander aus. Doch die Ozeane haben um einiges mehr an Masse als ein einzelner Mensch. Bereits im kleineren Mittelmeer fallen die Gezeiten deutlich geringer aus. Für einen noch viel kleineren Menschen ist die Gravitation des Mondes völlig irrelevant.

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Der Mondzyklus. Quelle: Dr. Rainer Riemann

Dennoch wollen viele Menschen „im Einklang“ mit dem Mond nach den Regeln des Mondkalenders leben. Dass sich diese je nach Quelle häufig widersprechen, scheint kein Problem zu sein. Manche planen sogar ihren Urlaub nach den Mondphasen und meinen, damit ihre Chancen auf schönes Wetter erhöhen zu können. Ein solches Regelwerk stammt von Sir Wilhelm Herschel, dem Entdecker des Planeten Uranus. Aus einigen Jahren der Beobachtung glaubte er, allgemeine Wetterprognosen in Abhängigkeit der Uhrzeit des Mondphasenwechsels geben zu können. Seine Ergebnisse sind heute als Herschel-Tabelle bekannt.

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Die Herschel-Tabelle. Quelle: Astrothek

Aus wenigen Beobachtungen der Mondphasen um 1800 das gesamte Wetter der Zukunft zu bestimmen, ist natürlich ein unmögliches Unterfangen. Zu sehr bestimmt der Zufall das Geschehen, sodass die Regeln der Herschel-Tabelle leider nichts taugen. Meteorologen tun sich ja schon mit der Prognose für die kommende Woche schwer!

Der Mond beeinflusst den Regen auf der Erde

Ist eine Urlaubsplanung im Einklang mit dem Mond – abgesehen von Strandurlauben, bei denen Ebbe und Flut eine Rolle spielen – also völlig sinnentleert? Nein! Forscher der Universität Washington haben nun herausgefunden, dass die Position des Mondes den Regenfall beeinflusst. Ein hochstehender Mond erhöht den Luftdruck und senkt die Regenwahrscheinlichkeit.

Die Gravitation des Mondes wirkt analog zu den Gezeiten des Wassers auch auf die Atmosphäre. Der Mond zieht auf der ihm zugewandten Seite der Erde vermehrt Luftmassen an, diese sorgen für einen erhöhten Luftdruck und somit eine leicht erhöhte Temperatur. Warme Luftmassen wiederum können mehr Wasser speichern und regnen nicht so leicht ab, wodurch es bei hochstehendem Mond weniger regnet, und zwar um 1% weniger bezogen auf die natürliche Variation. Das ist zwar nicht viel, aber immerhin ein messbarer Effekt!

Aquapol treibt seine Kunden in den Ruin

Das Aquapol-System ist ein Scharlatanerieprodukt zur esoterischen Mauertrockenlegung, das mit einer gravomagnetischen Energie arbeiten soll. Aquapol verkauft wirkungslose Geräte um mehrere Tausend Euro, wobei die Verkäufer zusätzliche Begleitmaßnahmen vorschreiben, die dann tatsächlich eine Besserung bringen können. Gegründet wurde die Firma Aquapol vom Scientologen Wilhelm Mohorn.

Aus älteren Schulungsunterlagen für angehende Aquapolvertreter geht hervor, dass Scientology-Methoden auch in Verkaufsgesprächen mit Kunden zur Anwendung kommen. Das Ziel des erfolgreichen Verkäufers soll es sein, den wunden Punkt des Kunden zu treffen – was wäre sein persönlicher Ruin?

In der Verkaufsrichtlinie Eine erfolgreiche Methode um ein Aquapolsystem zu verkaufen gibt Wilhelm Mohorn 10 Schritte vor, die hohe Abschlussquoten bringen sollen. Immer wieder fällt der Begriff des Ruins:

Objektbeschauung mit dem Kunden und Ausschau nach seinem Ruin! Auswertung der Analyse mit Beachtung des Ruins. Anwendung der Bewusstseinsskala, so dass der Kunde etwas tun will, um seinen Ruin zu lösen.

Danach erst sollen die Aquapolprodukte als Lösung präsentiert werden. Die Basis für ein gutes Verkaufsgespräch wird bereits im ersten Schritt gelegt, in dem den Kunden mit persönlichen Komplimenten geschmeichelt wird. Eine Feuchtemessung wird als wertvolles und kostenloses, aber unverbindliches Service der Firma Aquapol dargestellt. Eine Tiefenmessung soll zutage bringen, was man an der Oberfläche nicht erkennen kann. Der Verkäufer lässt sich durchs Haus führen, zeigt Mitgefühl und soll den wunden Punkt der Famlie finden. Was macht den Kunden am meisten Sorgen? Danach soll gezielt geforscht werden, bis beim Kunden eine gewisse Traurigkeit feststellbar ist.

Was ist der wunde Punkt? Was ist der Ruin der Familie? Was will sie gelöst haben? Was beschäftigt den Kunden oder die Kundin am meisten? FINDEN SIE SEINEN ODER IHREN WUNDEN PUNKT HERAUS !!!!! Im Wesentlichen bedeutet ein Ruin ein Verlust bzw. ein drohender Verlust von geistiger bzw. materieller Natur!

Bei der anschließenden Mauerfeuchteanalyse und Störfeldmessung soll der Kunde das Gefühl bekommen, dass sich der Verkäufer wirklich für sein Objekt interessiert. Er soll selbst mithelfen und wird dadurch für Informationen zugänglicher.

Verwickeln Sie den Kunden wo es nur geht. Er wird ein Teil des Problems und nicht nur inaktiver Zuseher, den das Ganze nichts oder eigentlich wenig angeht.

Bei der Störfeldmessung werden dem Kunden als verkaufsfördernde Maßnahme mittels Geomagnetometer oder Wünschelruten unterirdische Wasseradern gezeigt und diese mit durch Erdstrahlen begünstigte Krankheiten in Zusammenhang gebracht. Gezielte Fragen sollen den Kunden aufrütteln.

„Sind Ihre Schlafzimmer über diesen starken Störzonen? Leiden Sie oder Ihre Gattin oder Ihre Kinder an Schlafstörungen, rheumatischen Beschwerden etc.? Würde mich nicht wundern, da diese Erdstrahlungen von der Art, wie Sie haben, Krankheiten begünstigen, wenn nicht auslösen, wie es in der Wissenschaft, nun ja, des öfteren bereits bewiesen wurde. Die wenigsten wissen, dass es mit der Bodenstrahlung im Zusammenhang steht.“

Beobachten Sie sehr gut die Reaktionen des Kunden – möglicherweise haben Sie hier einen seiner Ruins entdeckt, zB. „Angst um die Gesundheit“.

Ein anderer Ruinpunkt in Bezug auf Gesundheitsverlust könnte sein:

die kleine Tochter, die durch die parzillenreiche Luft bereits an Bronchialasthma leidet, die möglicherweise, vielleicht einmal chronisch werden kann, sodass sich die Eltern vorwürfe machen müssten, wenn etwas passiert.

Vorführungen im Schlafzimmer des Kunden sollen den Kunden beeindrucken, etwa die Messung von 50-Hertz-Wechselfeldern oder Veränderungen des Erdmagnetfeldes mittels Kompass.

Damit erzielen Sie einen tollen Effekt beim Kunden. Mit diesen relativ einfachen Störfeldmessungen konnte ich einige, sehr negativ denkende Kunden total umstimmen bzw. auf meine Seite gewinnen. Sehr entscheidend bei der Störfeldmessung ist der Effekt. Physikalische Tatsachen überzeugen den Kunden.

Natürlich wird auch hier auf das Krankheitsrisiko eingegangen. Eine Krankheit wird als Summe von verschiedenen Einflüssen dargestellt. Dem Kunden soll die Hoffnung gemacht werden, dass man diese ausschalten kann.

Bei manchen Kunden überwiegt die Gesundheit mehr als die Mauerfeuchtigkeit als Kaufmotiv.

Bei der anschließenden Auswertung der Analyse wird der Ruin des Kunden geschickt eingeflechtet und ihm bewusst gemacht. Dabei soll nach der Bewusstseinsskala von Scientology-Gründer L. Ron Hubbard vorgegangen werden.

Wenn Sie diese Skala beherrschen, der Reihenfolge nach, so können Sie jeden Kunden zu dem Punkt bringen, wo er etwas tun will !!!

Aus Angst vor einer Verschlechterung wird der Kunde erkennen, dass er dringend eine Veränderung braucht, und nach einer Verbesserung verlangen. Das ist der Moment, wo der Aquapolverkäufer Hoffnung und Hilfe vermitteln kann. Den Nachteilen herkömmlicher Verfahren werden die scheinbaren Vorteile des Aquapolsystems gegenübergestellt, etwa dass nicht in die Bausubstanz eingegriffen wird und daher kein Schmutz und Lärm entsteht. Das Aquapolgerät soll auch Energie sparen, da es von einem unbekannten dynamischen Erdmagnetfeld gespeist wird:

Es ist zwar schon ermittelt, aber genaueres kann ich Ihnen heute auch nicht sagen, bis auf das, dass wir jede Menge Gebäude trockengelegt haben, sehen Sie hier nur die Hülle von Referenzen.

Beim Geschäftsabschluss sollten die Verkäufer nicht zu viel Zeit verlieren. Der Kunde soll abgelenkt werden, dass er nicht in eine Entscheidungsphase kommt, ob er das System will oder nicht. Stattdessen soll man ihm gratulieren, dass er ein gutes Geschäft gemacht hat. Danach soll der Verkäufer noch sitzen bleiben und über Gott und die Welt plaudern – man will doch schließlich nicht den Eindruck erwecken, nur wegen des Verkaufs hier zu sein.

Infokrieger mit der Lizenz zum Töten

Als ich kürzlich den neuen James-Bond-Film Spectre sah und darin der Begriff Neue Weltordnung fiel, dachte ich mir schon: Darauf werden nun bestimmt die Verschwörungstheoretiker aufspringen. Ich sollte recht behalten, wie ein Beitrag im Vigilant-Citizen-Forum („Wachsamer Bürger“) zeigt.

Der Autor sieht darin eine offene Warnung vor den Illuminaten und ihrer Neuen Weltordnung. Der Film dreht sich um ein von neun Staaten beschlossenes weltweites Überwachungssystem, das tatsächlich an die NSA oder 1984 erinnert. Verschwörungstheoretiker durchschauen die klare Botschaft des Films: Während die meisten Naivlinge das Böse nicht sehen wollen, erkennt James Bond als Einziger die Wahrheit und kämpft auf sich alleine gestellt gegen das System. Sie fühlen sich in ihrer Haltung, immer das Böse zu vermuten und gegen den Strom zu schwimmen, bestärkt. Als James Bond von Q in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des britischen Geheimdienstes eine intravenöse Injektion erhält, mit der sein Standort und seine Vitalfunktionen überwacht werden können, sieht man sich wieder bestätigt: Wir sollten unseren Regierungen nicht trauen, weltweite Impfprogramme dienen nur der NWO! Es wird spekuliert, dass Ebola nur eine Erfindung sei, mit dem alleinigen Zweck, die Menschen zu einer Impfung zu bewegen. Der Autor ist begeistert, dass Impfungen sowie die Möglichkeiten der Gehirnwäsche, etwa in Form von Mikrochips im Gehirn, endlich so offen angesprochen werden und die Massen zum Denken anregen. Dass sich der Film gegen die Illuminaten positioniert, beweist der Bösewicht im Film (der von Christoph Waltz verkörpert wird). Er zieht sich bei einer Explosion eine entstellende Verletzung im Gesicht zu, überlebt aber und ist von nun an einäugig. Das ist eine klare Referenz auf das allsehende Auge, das Zeichen der Illuminati, der Wurzel von allem Bösen in der Welt. Für Verschwörungstheoretiker ist die Botschaft klar: Man will mit dem Film die breite Masse aufrütteln und warnen!

Auch der bekannte US-amerikanische Verschwörungstheoretiker Alex Jones sieht sich in seiner jahrelangen Aufklärungsarbeit bestätigt. Seiner Ansicht nach enthüllt der Film die Existenz der NWO und False-Flag-Operationen der Regierung, wie er in einer Sendung auf seinem Kanal Infowars.com erklärt. (Die Plattform Infokrieg.tv ist der deutsche Ableger davon.) Alex Jones und die kommerzielle Vermarktung seiner Theorien möchte ich im Folgenden genauer betrachten.

Das Geschäft mit der Angst

Das Beispiel Alex Jones macht deutlich, wie mit Verschwörungstheorien Geld verdient wird. Unter dem Video finden sich zahlreiche bezahlte Links auf Nahrungsergänzungsmittel. In einem eigenen Shop werden angeblich unterdrückte Gesundheitsprodukte angepriesen, die man dringend kaufen sollte, bevor es zu spät ist. Zur Jahrtausendwende empfahl er, sich mit einem großen Vorrat an haltbaren Lebensmitteln einzudecken, die er praktischerweise in seinem Sortiment führt. Er bietet auch Ausrüstung wie etwa Wasserfilter und Radios an, um für ein Überleben in der Wildnis vorbereitet zu sein, sowie dazu passende Ratgeber, mit denen man einen nuklearen Angriff überleben soll. Im deutschsprachigen Raum gibt es auf Recentr.com (Infokrieg.tv wurde umbenannt) ein ähnliches Angebot: Outdoor-Ausrüstung, Überlebensvorräte, Nahrungsergänzungsmittel, Bücher.

Das Konzept der Desinformation, um verängstigte Menschen zum Kauf von Produkt zu animieren, ist uns hinlänglich bekannt, etwa vom Zentrum der Gesundheit, das als Informationsportal getarnt den Bedarf von Nahrungsergänzungsmitteln herbeischreibt, oder vom Kopp-Verlag, dem deutschen Marktführer der profitablen Angstindustrie. Das ZDF-Magazin Frontal 21 berichtete erst kürzlich über die Angstmacher. Ein beliebtes Thema bei solchen aggressiven Panikmachern ist der bevorstehende Zusammenbruch des Finanzsystems, derzeit auch gerne in Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise. Häufig werden auf den Seiten der Trutherbewegung Investitionen in vermeintlich sichere Edelmetalle beworben, um den drohenden Kollaps zu überstehen. Die FAZ befasste sich mit einer Abzocke mit Goldmünzenabos, die an verängstigte Senioren gerichtet war.

What’s the harm?

Kommen wir zurück zu Alex Jones. Ein Heise-Artikel beleuchtet unter anderem die gesellschaftlichen Auswirkungen solcher Verschwörungstheorien, die von paranoiden, quasi-religiösen Eiferern verbreitet werden, die nicht mehr zwischen Theorien und Tatsachen unterscheiden können.

In diesem Weltbild gibt es keine Zufälle – für ernsthaftes Hinterfragen ist kein Platz, es gibt nur „schwarz“ oder „weiß“. Derlei binäres Denken lässt keinen Platz für Grautöne in Form rationaler Untersuchungen zu, da geschichtliche und politische Ereignisse aus Sicht eines kompromisslosen „Verschwörungstheoretikers“ zwangsläufig in eine bestimmte Richtung führen müssen, wie zum Beispiel die „NWO“.

Dies führt in den USA zum Erstarken von bewaffneten Bürgermilizen:

Freyermuth kommt zu dem Schluss, dass sich ‚rechte’ und ‚linke’ Militanz inzwischen unentwirrbar zu einem, den Staat gleichermaßen fürchtenden Wahnsinn, verknotet haben. Jedoch profitiere davon in den USA statistisch gesehen in erster Linie die Milizszene. Und wenngleich bei weitem nicht jede dieser Milizen – und jedes ihrer Mitglieder – rechtsextrem ist, so sind die Übergänge in diesem schwer überschaubaren Milieu teilweise doch recht fließend.

Unter dem Video von Alex Jones prangt ein Hinweis, dass Infowars.com von einem stolzen Sponsor gefördert wird: Head Down Firearms, einem Hersteller von Schusswaffen. Auch aus Österreich gibt es bereits Berichte, dass sich die Bevölkerung angesichts der Flüchlingskrise mit Schusswaffen eindecken würde. Und das macht mir nun wirklich Angst.

(UPDATE) Daten aus Österreich können die Berichte über die angebliche Aufrüstung nicht stützen. Doch aus den USA gibt es bemerkenswerte Zahlen:

Sanfte Krebsmedizin

In der ARTE-Doku Krebs: Das Geschäft mit der Angst ging es um die gefährlichen Folgen alternativer Behandlung. Man muss immer wieder vor den falschen Heilversprechen warnen:

Sanfte Medizin ist in. Auch bei lebensbedrohlichen Krankheiten wie Krebs suchen Patienten nach einer Behandlung ohne Nebenwirkungen. Doch hinter dem schönen Schein verbirgt sich oft eine Medizin, die keine Wirkung zeigt.

Patienten und Angehörige sind in einer so schlimmen Situation bereit, alles für die Genesung zu geben. Sie zahlen viel Geld und erhalten dafür beispielsweise eine „energetische“ Behandlung, die zwar keine Wirkung hat, aber den Menschen Hoffnung gibt und Kraft schöpfen lässt. Jedoch wird eine alternative Behandlung nicht immer nur als Zusatz gesehen, sondern gefährlicherweise als echte Alternative mit den vermeintlich besseren Genesungschancen. Wo zahlungswillige Patienten nach Wegen suchen, einer Chemotherapie zu entkommen, finden sich auch Ärzte und Heilpraktiker, die alternative Therapien als alleinige Behandlungsform anbieten und anpreisen. Aufgrund von übertriebenen Heilsversprechen sind Patienten dann oft bereit, eine wirksame Therapie abzulehnen, wie die ARTE-Doku zeigt.

Die gezeigten Fälle treiben mir die Zornesröte ins Gesicht, in anderen Momenten schießen mir wieder Tränen in die Augen. Das Thema interessiert mich nicht nur als Skeptiker, sondern nimmt mich auch deshalb so mit, weil ich persönlich betroffen bin: Meine Mutter ist an Krebs erkrankt. Nach ihrer Diagnose haben sich Freundinnen und Verwandte zahlreich mit – sicherlich gut gemeinten – Ratschlägen gemeldet, an welche Therapeuten und Ärzte sie sich wenden solle. Das waren meist vergleichsweise harmlose Therapien wie Kinesiologie und Bioresonanz, die von Energetikern durchgeführt werden. Doch beim letzten Telefonat war ein ganz anderes Kaliber dabei, das der ARTE-Doku um nichts nachsteht. So schnell kanns gehen, und man kommt selbst mit der gezeigten Galvanotherapie, Aprikosenkernen und MMS in Kontakt.

Dr. Alexandra Koller

Alexandra Koller betreibt in Fürstenfeld in der Steiermark eine Ganzheitliche Ordination und bietet unter anderem eine Schwermetallausleitung an. Über sich selbst sagt sie, sie sei bewusst von der üblichen Sparte der Medizin weggegangen, weil sie das Gefühl hatte, Medizin müsse etwas anderes sein. Ihre Andersartigkeit stellt sie dabei gerne zur Schau: Auf ihrer Website verlinkt sie auf Infokrieger-Seiten. Weiters hält sie auf einschlägigen Veranstaltungen Vorträge, etwa nächste Woche bei der Gaudi-Wohlfühl-Messe unter dem Motto „Freie Energie trifft Weltraummedizin“, wo sie gemeinsam mit Größen der Scharlatanerie auftritt. Neben Quantenmedizin und Spontanheilungen durch informiertes Wasser verbreitet dort Helmut Pilhar die gefährliche Botschaft der Germanischen Neuen Medizin von Ryke Geerd Hamer.

Sanfte Krebsmedizin

Wie gefährlich diese Frau Koller ist, erzählt sie selbst in einem Vortrag über Sanfte Krebstherapie, der auf Youtube zu finden ist. Ihre Empfehlungen sind im Folgenden aufgelistet. Manche Aussagen habe ich sinngemäß mitgeschrieben und dem tatsächlichen Stand des Wissens gegenübergestellt. Dabei spricht sie sich immer wieder gegen die Schulmedizin und Chemo-Therapie aus und bestätigt auf Nachfrage aus dem Publikum:

„Die Therapien werden immer toxischer und die Überlebensraten nicht besser. Die große Masse wird mit Therapien zugeschüttet und es ist kein Behandlungserfolg da. Man hat nicht wegen der Zytostatika überlebt, sondern trotz der Zytostatika.“

Orthomolekulare Medizin

  • (Koller) Wir haben einen chronischen Vitaminmangel. Optimale Zellfunktion erreichen wir über die Gabe von wichtigen Mikronährstoffen.
  • (Wikipedia) Die Überdosierung der eingesetzten Vitalstoffe kann zu Gesundheitsschäden führen. Etliche Studien belegen, dass eine längerfristige hochdosierte Gabe von Vitaminen, wie sie in der orthomolekularen Medizin praktiziert wird, zu ernsthaften Gesundheitsschäden führen und die durchschnittliche Lebenserwartung verkürzen kann. Die Annahme einer weitverbreiteten Mangelversorgung der Bevölkerung mit Vitaminen und Mineralstoffen ist unzutreffend, die Annahme, viele Krankheiten würden auf ungesunde Ernährung zurückzuführen sein, ist falsch und die Annahme, dass viele Krankheiten durch Supplementierung geheilt werden könnten, ist irrig. Viele Kritiker sehen die orthomolekulare Medizin als Pseudowissenschaft an, die vor allem das Geschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln fördere und durch die Hersteller von Supplementierungsprodukten unterstützt werde.

Chelat-Therapie

  • (Koller) Schwermetallbelastung wird von der Schulmedizin ignoriert.
  • (Wikipedia) Die Chelattherapie wird alternativmedizinisch zur Behandlung von subklinischen Schwermetallvergiftungen eingesetzt. Diese Anwendung ist nicht zugelassen, wissenschaftlich widerlegt und wird von Fachgesellschaften abgelehnt. Amerikanische und deutsche Ärzteverbände und die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA haben schon 1984 vor der Chelat-Therapie gewarnt. 1998 hat die Verbraucherzeitschrift der FDA die Chelattherapie in die Top Ten der als Gesundheitsschwindel erkannten Methoden eingereiht. Keine unabhängige wissenschaftliche Studie hat bislang einen Erfolg der Methode erwiesen.

Electro Cancer Therapy

  • (Koller) Je öfter man diese Therapie macht, umso mehr schrumpft der Tumor. Es machen auch Menschen, die sich für den rein alternativen Bereich in der Tumortherapie entschieden haben. Da verwende ich dann andere Chemo-Mittel, die das gesunde Gewebe nicht schädigen. (…) In Asien gibts diese ECT, da wird über den Darm endoskopisch therapiert. Also da bleibt so manche Operation erspart.
  • (Psiram) ECT ist eine alternativmedizinische Methode ohne Wirksamkeitsnachweis zur Behandlung von Krebserkrankungen. Befürworter dieser wissenschaftlich nicht anerkannten Methode glauben mitunter, dass durch die Anwendung der ECT herkömmliche bewährte Verfahren überflüssig seien. Dadurch können Patienten davon abgehalten werden sich einer sinnvollen Therapie zu unterziehen. Als Nebenwirkung können Verbrennungen ersten Grades mit oder ohne Brandblasen auftreten.

Laetril

  • (Koller) Ich verwende häufig das Laetril, das ist der Wirkstoff aus den Aprikosenkernen (Blausäure). Dieses Cyanid macht keine Schäden im Körper. Das Laetril wird über die Vene infundiert, während der Infusion wird der Strom durch die Tumorherde geleitet. Dazwischen wird das Laetril hochdosiert in Tablettenform geschluckt.
  • (Psiram) Amygdalin wird manchmal in der Alternativmedizin als mögliches Allheilmittel gegen Krebs eingesetzt und entsprechende Produkte werden mit unhaltbaren Heilversprechen beworben und kommerziell vermarktet, obwohl es keinerlei Zulassung für Amygdalin als Arzneimittel gibt. Die Preise betragen bis zu 25 €/kg. Pharmakologen halten es für ein unseriöses „Wundermittel“. Amygdalin wird in Deutschland als ein bedenklicher Arzneistoff angesehen. Herstellung, Einfuhr und Handel sind nicht erlaubt. Die Abgabe von Amygdalin für den Gebrauch beim Menschen durch Apotheker ist strafbar im Sinne des §5 Arzneimittelgesetz und kann auch ohne konkreten Schadensfall strafrechtlich verfolgt werden.

Breuß-Diät

  • (Koller) Mit dabei ist nicht nur die orthomolekulare Medizin sondern auch ein Ernährungsprogramm. Was sich sehr hilfreich gezeigt hat, ist die Breuß-Kur. Die lässt den Tumor schrumpfen.
  • (Wikipedia) Die Methode entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Grundlage, die Krebsdiät wird von der Fachwelt nicht nur als unwirksam, sondern sogar als gesundheitsschädlich eingestuft. Eine länger andauernde Hungerkur kann zu einer zusätzlichen Schwächung der körpereigenen Immunabwehr führen. Die Breuß-Diät ist keine ausgewogene Ernährung. Sie kann bei krebskranken Menschen zu einer lebensbedrohlichen Auszehrung führen. Die österreichische Krebsgesellschaft urteilte über die Breuß-Diät: „Diese absurde Diät zeigt keinerlei Heilerfolge, sondern beschleunigt das Ableben!“

CleanUpWater

  • (Koller) CUW ist der Nachfolger vom MMS. Es wird oral oder als Infusion gegeben. Man soll es als Darmreinigungskur konzentriert einnehmen, jede Stunde ein paar Tropfen.
  • (Wikipedia) Unter dem Namen Miracle Mineral Supplement (MMS) wird eine giftige Lösung von 28 % Natriumchlorit in Wasser vertrieben. MMS wird fälschlicher- und gefährlicherweise als Wundermittel für verschiedene Anwendungen vertrieben: Etwa als Nahrungsergänzungsmittel und alternatives Antibiotikum mit vorbeugenden oder gar heilenden Wirkungen gegenüber Krankheitserregern (z. B. Malaria) bis hin zur Behandlung von Krebserkrankungen, AIDS, Autismus und Demenz. Bei dieser umstrittenen Therapiemethode wird Natriumchloritlösung verabreicht, in welcher durch Zumischen von Citronensäure das hochreaktive giftige Chlordioxid freigesetzt wird, das normalerweise zu Desinfektionszwecken oder zum Bleichen verwendet wird. Die Behandlung mit MMS wird als Quacksalberei eingestuft. Mehrere Gesundheitsbehörden haben inzwischen vor MMS gewarnt und teilweise auch konkrete Maßnahmen zum Verbraucherschutz ergriffen.

Weiters empfiehlt Frau Koller vergleichsweise unspekakuläre Behandlungen wie PEMF (pulsierende Magnetfeldtherapie). Sie sieht eine Ursache der Krebsentstehung in der Übersäuerung des Körpers, wodurch eine Infektion begünstigt wurde. Daher steht Kolloidales Silber am Programm. Chlorophyll-Präparate dienen dem Abbau der Übersäuerung. Weitere Entgiftungsmaßnahmen umfassen Gerstengrasextrakt und Acaibeerensaft.

Frau Koller vertreibt selbst das NovaVitalis Kristallwasser – Wasser, das eigentlich nicht mehr kann als normales Wasser, aber garniert mit Heilversprechen teuer vermarktet wird. Frau Koller rührt kräftig die Werbetrommel: „Es unterliegt einem speziellen Herstellungsverfahren und ist 144 Tage gereift, es wird mit 40 verschiedenen Kristallen angereichert unter ständigem Durchfluss. Diese Kristalle sind speziell geschliffen, wir sprechen von strukturiertem Wasser mit besonderer Wirkung auf unsere Zellen. Es geht sofort vom Darm in die Zellen hinein und es hat wichtige Entgiftungsfunktionen. Es ist nicht einfach Wasser! Es hat seine Spezialität bei Tumor- und Viruserkrankungen, Schwerkranke sollten flüssiges Kristallwasser mit einem Tonikum kombinieren.“ Die Kristallwasser-Essenz ist bei Frau Koller direkt erhältlich, und zwar um stolze 37 Euro pro 0,75 Liter.

Eine Alternative zur Alternative

Es ist verständlich, dass Erkrankte selbst aktiv werden wollen, um zu ihrer Genesung beizutragen. Doch nicht immer sind zusätzliche Therapien sinnvoll. In besonders schlimmen Fällen von selbsternannten Heilern können solche Angebote nicht nur sehr teuer, sondern auch gefährlich sein. Viele Menschen sehnen sich in einer schweren Situation nach Zuwendung und Zeit, die sie im Krankenhausbetrieb nicht erhalten. Doch diese Zuwendung muss man sich nicht beim Alternativmediziner kaufen. Psychoonkologische Beratung erhält man beispielsweise bei der Österreichischen Krebshilfe, die sich die Unterstützung von Patienten und Angehörigen in dieser schwierigen Lebenslage zur Aufgabe gestellt hat.

Kostenlos und anonym werden Patienten und deren Angehörige persönlich betreut – bei der Verarbeitung der Diagnose Krebs, als Krisenintervention, wenn es „scheinbar nicht mehr geht“ sowie als Unterstützung und Begleitung im Alltag, da es manchmal notwendig ist, neue Gewohnheiten zu erlernen. Dabei sind alle Fragen, alle Gefühle erlaubt.

In Deutschland bietet die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. professionelle Unterstützung für Krebskranke. Es gibt solche Angebote, bitte nutzt sie auch!


Nachtrag: Facebook-Gruppe

Auf Facebook gibt es die Gruppe „Lebensfit.Medizin Dr. Alexandra Koller“ mit derzeit 770 Fans. Unter dem Namen Lebensfit gibt es in Fürstenfeld ein Fitnessstudio, das humanenergetische Leistungen anbietet und Nahrungsergänzungsmittel vertreibt. In der Gruppe, die von Gernot Gauper administriert wird, erfährt man aktuelle Angebote aus der Praxis von Alexandra Koller. Ich habe die Themen der Statusmeldungen und verlinkten Artikel herausgeschrieben. Die Botschaft ist klar: Chemotherapie tötet! Lasst euch von Frau Dr. Koller therapieren!

Korruption in der Pharmaindustrie, unterdrückte Heilpflanzen, Energiemedizin, Orthomolekularmedizin, Kristallwasser, natürliche Krebsheilung, Orgon als Lebensenergie, Heilkraft von Vitamin D, Ionen-Generator-Kabine, Freie Energie, Chemotherapie verkürzt die Lebensdauer, NLP-Ausbildungen, MMS, Synergy-Nahrungsergänzungsmittel, Chemo-Krebsärzte sind Mörder, Chemo-Erfolgsquote 2%, Kolloidales Silber = Antibiotikum ohne Nebenwirkungen, elektromagentische Waffen, die Wahrheit hinter Diabetes, Quer-Denken-Kongress, mit Chemotherapie sterben Krebspatienten schneller als ohne Behandlung, Erdheilungsritual, Impfen erzeugt Autismus, die 5 biologischen Naturgesetze entdeckt von Ryke Geerd Hamer, Nebenwirkungen der Masernimpfung sind ein Bombengeschäft für die Pharmaindustrie, exotische Fruchtkerne töten Tumore innerhalb von Minuten, MMS gegen Alzheimer, Krebs in Israel eine Ausnahmeerscheinung, Skalarwellen und die verschwiegene gefahr, Regierung gibt zu: Impfungen verursachen Autismus, Chemotherapie fördert das Tumorwachstum, die größte Pharmaverschwörung aller Zeiten, Kinder sterben nach Sechsfachimpfung, natürliches Heilmittel Natron, Krebs mit natürlichen Methoden heilbar, Entgiftung des Körpers, die seelischen Ursachen der Krankheiten nach der Germanischen Neuen Medizin, Studie entlarvt Chemotherapie als Schwindel, Chemotherapie reduziert den Behandlungserfolg bei Krebs, mehr Krebszellen wachsen bei Chemotherapie, die Wahrheit über die Chemotherapie, der gewollte Krebs, Sauerstoffenergie-Therapie Airnergy, Wasserstoffperoxid ein medizinisches Wundermittel, die verschwiegene Wahrheit über Krebs, die Lügen in der Medizin, ADHS durch Impfungen, MMS – warum die Massenmedien in die Irre führen, erstaunliche krebshemmende Eigenschaften von Löwenzahn, Krebs – ein Geschäftsmodell, neues Bewusstsein in der Quantenphysik, Bioresonanz-Informationsmedizin, Qi-Energy-Platte in der Ordination, Medikamente tödlicher als Raubtiere und alle illegalen Drogen zusammen, russische Heilgeheimnisse, Blutbehandlungen, ungeimpfte Kinder sind gesünder, Chemtrails: Krebs soll bewusst gefördert werden, Lebensmitteltest mittels Photonenscanner, Grippe-Impfstoff unter Krebs-Verdacht, Krebs heilen mit Cannabis, Studienkreis Germanische Heilkunde, Chemtrails und die Folgeerscheinungen,  komplementäre Krebsmedizin, RoundUp verursacht Krebs, Carotinoid-Status mit dem Lebensmittelscanner in der Praxis austesten.

Master of Nahrungsergänzungsmittel

Heute bin ich auf eine dreiteilige Seminarreihe aufmerksam gemacht worden. Der Vortragende Dr. Markus Stark spricht dabei über Steinzeiternährung, Entgiftung, den Darm, das Immunsystem und Cholesterin. Ein Herr Doktor, der über Medizin, Ernährung und Gesundheit spricht, mag viele gesundheitsbewusste Menschen beeindrucken. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt jedoch: Es geht wieder einmal nur um den Verkauf von teuren Nahrungsergänzungsmitteln.

Nahrung als Medizin

Auf seiner Website nahrung-als-medizin.eu (dort gibt es sein gleichnamiges Buch zu bestellen) präsentiert sich der Vortragende mit vollen Namen und Würden: Mag. Dr. Markus Stark M.kPNI, fallweise auch Mag. Dr. Markus Stark MSc. Er stellt sich als Dozent für klinische Psycho-Neuro-Immunologie und Sportwissenschaftler mit Schwerpunkt Leistungsdiagnostik vor. Als Dozent ist der Mann doch sicher ein angesehener Mediziner mit profundem Fachwissen in seinem Spezialgebiet Immunologie – könnte man meinen. Doch mit Medizin hat der werte Herr eigentlich gar nicht so viel am Hut, wie man angesichts der wissenschaftlich klingenden Begriffe vermuten würde. Er ist nämlich gar kein Arzt und hat auch nicht Medizin studiert, sondern seinen Magister und Doktor in Sportwissenschaften erworben. Den beeindruckenden Master in klinischer Psycho-Neuro-Immunologie wollen wir später noch genauer unter die Lupe nehmen.

Ein fehlendes Medizinstudium hindert natürlich niemanden daran, Patienten zu behandeln. In Deutschland gibt es dafür den Heilpraktiker und in Österreich den Humanenergetiker. Energetiker müssen keinerlei Ausbildung vorweisen, es handelt sich um das „freie Gewerbe der Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen bzw. energetischen Ausgewogenheit“. Markus Stark hat eine aufrechte Gewerbeberechtigung als Humanenergetiker. In einer persönlichen Einzelstunde kann man sich bei ihm beraten lassen, diese kostet beim Ersttermin 100-150 Euro. Korrekterweise führt er auch folgenden rechtlichen Hinweis auf seiner Website an:

Es findet beim persönlichen Kliententermin eine energetische Beratung unter Zuhilfenahme der erlaubten Methoden statt. Die Maßnahmen stellen keine Heilbehandlung dar, sondern dienen der Harmonisierung körpereigener Energiefelder. Dieses Gespräch ist kein Ersatz für eine ärztliche Diagnose oder Behandlung. Für eine Diagnoseerstellung und Therapie wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt. Für Laboruntersuchung und Diagnosen wenden Sie sich an einen der Partnerärzte.

Worüber er mit seinen Klienten wohl spricht? Eine persönliche Beratung dürfte er nämlich gar nicht anbieten, denn die Ernährungsberatung ist in Österreich für die einzelnen Berufsgruppen gesetzlich geregelt:

  • Der medizinische Bereich ist Ärzten und Diätologen vorbehalten. Nur diese dürfen kranke und krankheitsverdächtige Personen behandeln.
  • Die nicht-medizinische individuelle Ernährungsberatung steht auch Ernährungswissenschaftern offen. Diese haben Ernährungswissenschaften studiert und dürfen ausschließlich gesunde Menschen beraten. Der entsprechende Gewerbeschein lautet auf “Lebens- und Sozialberatung, eingeschränkt auf Ernährungsberatung”.
  • Auch Energethiker bieten häufig Ernährungsberatung an. Dies ist nur dann zulässig, wenn es sich nicht um eine individuelle Beratung bei persönlichen Ernährungsproblemen handelt, sondern um eine allgemeine Vermittlung von Kenntnissen oder einfache Tätigkeiten wie Kochkurse und Kalorienzählen.

Bullshit-Detektor

Auf der Website von Markus Stark macht sich seine fehlende medizinisch-wissenschaftliche Qualifikation schnell bemerkbar, der Bullshit-Detektor schlägt recht schnell an. Er preist die fragwürdige Steinzeitdiät als natürlichste Form der Ernährung an und macht Werbung für Entgiftungskuren, die aufgrund des modernen Lebens, Elektrosmog und degenerierten Lebensmitteln nötig wären. Er spricht vom Leaky-Gut-Syndrom und macht Getreide und Milch für eine Vielzahl von Krankheiten verantwortlich. In seinen Literaturverweisen verlinkt er auf den Kopp-Verlag und die Deutschen Wirtschafts Nachrichten, um Wissenschafts- und Pharma-Bashing zu betreiben.

Klinische Psycho-Neuro-Immunologie

Der Begriff klingt zwar wissenschaftlich, ist es aber ganz und gar nicht. Im Rahmen der klinischen Psycho-Neuro-Immunologie (kPNI) wird die wissenschaftlich unhaltbare Hypothese verbreitet, dass sämtliche chronischen Beschwerden des Menschen ursächlich auf Entzündungsprozesse zurückgingen, bei denen käuflich zu erwerbende Nahrungsergänzungsmittel helfen sollen. Verwechslungsgefahr besteht mit der Psychoneuroimmunologie, die es tatsächlich als wissenschaftliches Fachgebiet gibt. Das kleine Wörtchen „klinische“ macht den Unterschied. Die kPNI wird von der Natura Foundation verbreitet, die Lobbyismus für orthomolekulare Nahrungsergänzungsmittel betreibt und Ausbildungen in kPNI organisiert. Inhaber der Natura Foundation ist das Unternehmen Bonusan B.V., ein niederländischer Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln. Die Natura Foundation bietet in Deutschland über die Deutsche Gesellschaft für kPNI e.V. und in Österreich über die Österreichische Gesellschaft für kPNI Ausbildungen zum Therapeuten in kPNI an. Markus Stark wird in diesen beiden Vereinen übrigens als „wissenschaftlicher“ Beirat bzw. Obmann-Stellvertreter geführt.

Die Natura Foundation hat es auch geschafft, an der spanischen Universität Girona und an der Universität Graz ein Masterprogramm für klinische Psycho-Neuro-Immunologie unterzubringen, das mittlerweile jedoch wieder eingestellt wurde (siehe die Meldungen der Natura Foundation und kPNI e.V.). Einen Master mit ähnlichem Renommée kennen wir bereits: den Master of Science in Homöopathie. Leider versuchen Anbieter alternativer Heilverfahren immer wieder, Studiengänge an Hochschulen zu bringen um ihnen einen akademischen Anstrich zu verleihen, auch wenn diese wissenschaftlichen Ansprüchen nicht gerecht werden. Die Universität Graz bietet etwa unter der Marke UNI for LIFE berufsbegleitende Aus- und Weiterbildungsprogramme mit universitärem Abschluss. Dabei wird „hohe berufliche Verwertbarkeit garantiert. Aktuelle Bedürfnisse des Arbeitsmarktes und Trends aus Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft fließen stetig in unsere Programme ein.“ Wir können also sagen: Markus Stark hat einen Master eines niederländischen Anbieters von Nahrungsergänzungsmitteln erworben. Gratulation dazu!

Auch die Bezeichnung Dozent erscheint nun in einem anderen Licht. Er unterrichtet nicht etwa an einer Hochschule oder gar an einer medizinischen Fakultät, sondern gehört einfach dem privaten Dozententeam der Natura Foundation an. Besondere medizinische und ernährungswissenschaftliche Qualifikationen sind dafür anscheinend nicht erforderlich: Die meisten Dozenten sind Physiotherapeuten, Heilpraktiker oder Sportwissenschaftler. Und natürlich Therapeuten für klinische Psycho-Neuro-Immunologie.

Dr. Stark GmbH

Wer denkt, dass Vorträge halten, Bücher schreiben und Humanenergetik die einzigen Betätigungsfelder von Markus Stark sind, der unterschätzt den Unternehmergeist dieses Mannes. Unter der „Dr. Stark GmbH“ führt er mehrere Gewerbeberechtigungen:

  • Durchführung von Veranstaltungen
  • Handel mit Lebensmitteln
  • Frühstückspension
  • Humanenergetiker
  • sportwissenschaftliche Beratung

Für seine Vorträge besitzt er praktischerweise ein eigenes Seminarhotel namens Evosan, das Zentrum für evolutionäre Gesundheit. Dort bietet Markus Stark etwa ein kPNI-Seminar um 498,- Euro oder eine Steinzeit-Entgiftungswoche um 798,- Euro an. Zu dieser „Investition“ kommt noch die Unterbringung um 90,- Euro pro Nacht für ein Doppelzimmer bzw. 55,- in Einzelbelegung. Unter der Marke Naturesan bietet er weiters ein Konzept für Nahrungsergänzungsmittel an. Man kann auch selbst als Partner aktiv werden und diese Mittelchen vertreiben, passend dazu wird der Naturesan-Praktiker um wohlfeile 798,- offeriert. Von wem die Dr. Stark GmbH diese Mittel bezieht, können Sie sich wahrscheinlich denken: von der niederländischen Firma Bonusan, der Inhaberin der Natura Foundation.

TL;DR

Unter dem Vorwand eines Gesundheitsvortrages versucht ein Energetiker gesundheitsbewusste Menschen davon zu überzeugen, dass sie an versteckten Entzündungen leiden würden, die sie nur durch den Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln heilen könnten. Klinische Psycho-Neuro-Immunologie ist keine Wissenschaft, sondern wird von einem niederländischen Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln propagiert und in teuren Seminaren verbreitet.

Entgiftung nach der Narkose

Man könnte der Alternativmedizin zugute halten, dass sie es schafft, gläubige Patienten zu beruhigen und ihnen Hoffnung und Zuversicht zu schenken, obwohl sie keine spezifische Wirkung hat. Jedoch kann sich dieser Placeboeffekt schnell ins Gegenteil verkehren, wenn Verkäufer alternativmedizinischer Mittelchen nicht das Wohl der Patienten in den Mittelpunkt stellen, sondern durch Angstmache versuchen, die Verkäufe anzukurbeln. Eine einträgliche Strategie ist es, Menschen eine Angst vor angeblichen Umweltgiften einzuflößen und eine entsprechende Therapie zur Ausleitung dieser Gifte anzubieten. Besonders dreist wird es, wenn schwerkranken Patienten eingeredet wird, medizinische Behandlungen seien schädlich, und diese dann im Glauben, Alternativmedizin sei tatsächlich eine Alternative, auf notwendige Behandlungen verzichten. Alternativmedizin ist nicht immer harmlos!

Angst vor der Narkose

Ein Mythos, der in alternativmedizinischen Kreisen gerne gepredigt wird, ist die Notwendigkeit, nach einer Narkose den Körper zu entgiften, um die Giftstoffe der Narkosemittel auszuleiten. Ohne Entgiftung würden die Gifte ein Jahr lang im Körper verbleiben. Meine Mutter hat diese Behauptung etwa in einem Reformhaus aufgeschnappt und im alternativmedizinischen „Ratgeber“ Praxis Spagyrik gelesen. Zu den Sorgen über die eigentliche Krankheit gesellen sich so noch unberechtigte Ängste vor der lebensrettenden Behandlung. Patienten, die sich vor einer bevorstehenden Narkose fürchten, seien diese beiden Artikel nahegelegt:

Die Frage nach der Verweildauer der Narkosemittel wird in diesen beiden Artikeln bereits erläutert:

Darf ich gleich nach der Narkose wieder essen und trinken?
„Besser wäre, ein, zwei Stunden zu warten, bis man etwas isst oder trinkt“, empfiehlt Ilias. Zumindest so lange, bis der Körper die Narkosemittel wieder abgebaut hat und die Leber nicht mehr damit belastet ist, sollte man keinen Alkohol trinken: Der Abbau der Mittel dauert je nach Intensität der Narkose zwei bis zwölf Stunden.

Wenige Minuten nach Operationsende – schon im Aufwachraum ist der Patient bereits wieder ansprechbar – und hat kaum eine Erinnerung an den Narkosebeginn. Die gasförmigen Narkotika werden innerhalb kürzester Zeit wieder abgeatmet, die intravenös verabreichten Pharmaka wie z.B. Barbiturate baut die gesunde Leber innerhalb von 12 Stunden ab.

Mit zwei bis zwölf Stunden sind wir weit entfernt von der angeblichen Dauer von einem Jahr und können den Mythos als solchen entlarven. Wir wollen es aber noch genauer wissen und befragen die Fachliteratur:

  • Michael Freissmuth, Stefan Offermanns, Stefan Böhm: Pharmakologie und Toxikologie. Von den molekularen Grundlagen zur Pharmakotherapie. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2012, S. 246-248.

Pharmakologische Grundlagen der Narkose

Narkotika werden eingesetzt, um einen Zustand herbeizuführen, der chirurgische oder diagnostische Eingriffe unter Aufhebung der Schmerzempfindung, des Bewusstseins und des Erinnerungsvermögens erlaubt, die lebenswichtigen Funktionen jedoch aufrecht erhält. Narkotika werden nach deren Applikationsart in Injektionsnarkotika und Inhalationsnarkotika unterteilt. Zur ausreichenden Muskelrelaxation und Reflexdämpfung werden zusätzlich Muskelrelaxanzien verabreicht.

Die Begriffe Narkose und Anästhesie bzw. Narkotika und Anästhetika werden weitgehend synonym verwendet. Wirkstoffe können auf zwei Arten zugeführt werden: Inhalationsnarkotika werden über die Atemwege appliziert und möglichst ohne Verstoffwechslung wieder abgeatmet. Injektionsnarkotika werden intravenös zugeführt und über die Leber und Niere ausgeschieden. Diese wollen wir im Folgenden genauer betrachten.

Injektionsnarkotika

Injektionsnarkotika sind lipophil und wirken schnell, da sich die Wirkstoffe sofort an die lipophilen Anteile des zentralen Nervensystems anlagern. Danach erfolgt allerdings rasch eine Umverteilung in andere Gewebe wie Muskulatur und schließlich ins Fettgewebe. Die Dauer der narkotischen Wirkung ist daher nur kurz. Um die Narkose aufrechtzuerhalten, ist ein gewisser Plasmaspiegel erforderlich, daher müssen die Wirkstoffe kontinuierlich zugeführt werden. Die Geschwindigkeit der Umverteilung ist aber nicht konstant, sondern wird durch die in der Peripherie gespeicherte Menge, die Lipophilie des Wirkstoffs und die Metabolisierungsrate bestimmt.

Kontextsensitive Halbwertszeit

Das heißt, dass die Wirkdauer einer Narkotikagabe von der bereits verabreichten Menge abhängt. Eine spätere Verabreichung derselben Menge kann den für eine Narkose erforderlichen Plasmaspiegel länger halten als die erstmalige Gabe. Man spricht hier von einer kontextsensitiven Halbwertszeit. Sie gibt die Zeit an, in der die Konzentration eines Wirkstoffs im Blutplasma auf die Hälfte sinkt, und zwar in Abhängigkeit der bisherigen Dauer bzw. verabreichten Menge der Narkose. Je länger eine Narkose andauert, desto länger ist diese Halbwertszeit. Im Falle von Thiopental beträgt sie zu Beginn nur 5-15 Minuten, nach einer 8-stündigen Narkose hingegen ca. 200 Minuten.

Eliminationshalbwertszeit

Für unsere Fragestellung interessanter ist die Eliminationshalbwertszeit. Sie gibt an, wie lange der Körper braucht, bis er die Hälfte der ursprünglichen Wirkstoffmenge eines Arzneimittel über den Stuhl oder Harn tatsächlich ausgeschieden hat. Für Injektionsnarkotika werden folgende Werte angegeben:

  • Methohexital: 4 Stunden
  • Thiopental: 12 Stunden
  • Etomidat: 3 Stunden
  • Ketamin: 3 Stunden
  • Propofol: 2 Stunden

Exponentielles Zerfallsmodell

Wenn nach einer Halbwertszeit die Hälfte abgebaut ist, bedeutet das nicht, dass der Wirkstoff nach zwei Halbwertszeiten vollständig ausgeschieden ist. Da in einer Halbwertszeit immer 50% der noch vorhandenen Menge abgebaut werden, verläuft der Prozess zunächst rasch und dann immer langsamer. Das heißt, während der zweiten Halbwertszeit wird die Hälfte der verbliebenen Hälfte aus der ersten Halbwertszeit ausgeschieden, also ein Viertel. Somit ist nach 2 Halbwertszeiten noch 1/4 der ursprünglichen Menge übrig, nach 3 Halbwertszeiten noch 1/8, und so weiter. Der Abbau der Wirkstoffmenge lässt sich durch ein exponentielles Zerfallsmodell beschreiben:

m(t) = M * e^(-k*t)

Aus der ursprünglichen Wirkstoffmenge M können wir damit die Wirkstoffmenge m(t) nach t vergangenen Stunden berechnen. Die Eliminationskonstante k ergibt sich aus der Eliminationshalbwertszeit:

k = ln(2) / Eliminationshalbwertszeit

Wenn wir uns beispielsweise fragen, nach welcher Zeitdauer 99% des Wirkstoffes abgebaut sind, erhalten wir rechnerisch folgende Werte:

  • Methohexital: 27 Stunden
  • Thiopental: 80 Stunden
  • Etomidat: 20 Stunden
  • Ketamin: 20 Stunden
  • Propofol: 13 Stunden

Die meisten Wirkstoffe werden also innerhalb eines Tages fast vollständig abgebaut und nach der Entlassung aus dem Krankenhaus besteht kein Grund für eine „Entgiftung“! Mit diesem Modell können wir natürlich auch berechnen, wie viel Wirkstoffmenge theoretisch nach einem Jahr (entspricht 8760 Stunden) noch übrig ist. Die Ergebniswerte sind dermaßen klein, dass ich sie zum besseren Verständnis in homöopathischen Verdünnungen angegeben habe.

  • Methohexital: 5,6 mal 10 hoch minus 660, entspricht D660 oder C330
  • Thiopental: 1,8 mal 10 hoch minus 220, entspricht D220 oder C110
  • Etomidat: 9,8 mal 10 hoch minus 880, entspricht D880 oder C440
  • Ketamin: 9,8 mal 10 hoch minus 880, entspricht D880 oder C440
  • Propofol: 30,8 mal 10 hoch minus 1320, entspricht D1320 oder C660

Um diese Größenordnungen besser einordnen zu können: In Homöopathika ist ab der Verdünnung D23 bzw. C12 kein einziges Wirkstoff-Molekül mehr enthalten.